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Überflieger Lavillenie attackiert Weltrekord

Der französische Stabhochspringer stellt beim 2. ISTAF Indoor mit 6,02 Metern neue Jahresweltbestleistung auf

Die weltweit größte Leichtathletik-Veranstaltung unterm Hallendach wurde ihrem Ruf voll gerecht: Beim 2. ISTAF Indoor in Berlin erlebten die über 12 600 Fans Weltbestleistungen und eine Supershow.

Unter den mehr als 60 Athleten aus 22 Ländern mit drei Olympiasiegern, etliche Welt- und Europameistern und Weltrekordhaltern war der Franzose Renaud Lavillenie der Superstar. Der Olympiasieger und Weltrekordler, der in den letzten Jahren als Überflieger die Stabhochsprungszene beherrscht, war mit einer Saisonbestleistung von 6,01 Metern angereist und hatte noch 24 Stunden vor seinem Auftritt in der Arena am Berliner Ostbahnhof angekündigt: »Ich bin in guter Verfassung. Ich denke, dass ich den Meetingrekord von 5,90 Metern erfolgreich angreifen werde. Ich mache das Schritt für Schritt. Erst vor einer Woche bin ich 6,01 Meter gesprungen. Ich schließe also einen neuen Weltrekord nicht aus.«

Den hatte der 28-jährige Franzose am 15. Februar 2014 jenem Mann entrissen, der als Stabhochsprunglegende gilt: Sergej Bubka, der mehr als ein Jahrzehnt die spektakulärste Leichtathletikdisziplin dominierte wie kein anderer und die Weltrekorde unterm Dach und im Freien Zentimeter um Zentimeter nach oben schraubte. Nun war im Vorjahr Lavillenie ausgerechnet in Bubkas ukrainischer Heimat in Donezk beim von Bubka selbst organisierten Hallenmeeting 6,16 Meter gesprungen und hatte damit dessen 21 Jahre gültige Weltrekordhöhe geknackt!

»Stabhochsprung ist für mich Adrenalin pur. Ich mag das Gefühl von Risiko und Körperbeherrschung«, sagt der Mann, der dem Himmel immer näher kommt und auch »Petit Bubka« genannt wird. In Berlin demonstrierte er einmal mehr seine Überlegenheit, so dass die Konkurrenz geradezu deklassiert wurde.

Als Lavillennie in den Wettkampf bei 5,73 Metern einstieg und sie im ersten Versuch problemlos meisterte, waren aus dem achtköpfigen Feld nur noch weitere drei Springer dabei. Sein Herausforderer, der ursprünglich gemeldete deutsche Weltmeister Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) hatte aus Verletzungsgründen kurzfristig absagen müssen.

Lavillenie ließ danach die Höhen von 5,81 und 5,88 Metern aus, übertraf dann die 5,93 Meter und war zu diesem Zeitpunkt allein auf weiter Flur. Mit den sicher im ersten Versuch übersprungenen 6,02 Metern stellte er schließlich eine Jahresweltbestleistung auf. Stehend applaudierten die 12 600 Fans geradezu euphorisch dem Überflieger, der unter dem frenetischen Jubel die Latte auf die neue Weltrekordhöhe von 6,17 Metern auflegen ließ - und das unter den Augen des 51-jährigen Sergej Bubka, der als Vizepräsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF als Ehrengast in Berlin weilte.

Zwar scheiterte der Franzose in allen drei Versuchen am neuen Weltrekord, wobei der dritte Versuch deutlich machte, dass er diese Höhe durchaus noch in dieser Saison meistern kann, aber er war dennoch total happy: »Es war ein super Wettkampf und ein riesiges Vergnügen, bei dieser tollen Stimmung zu springen. Es war das erste Mal, dass ich in nur drei Sprüngen über die sechs Meter gekommen bin. Insgesamt bin ich heute zum zehnten Mal über sechs Meter gesprungen und habe dabei den gleichen Stab benutzt wie beim Weltrekordsprung vor einem Jahr.«

Für die Hallen-EM in Prag (6. bis 8. März) ist der Franzose - kein Wunder natürlich - haushoher Favorit. Aber er hat vorher noch ein ganz anderes Ziel, das er mit Leidenschaft verfolgt: »Bei meinem nächsten Wettkampf in meiner Heimatstadt Clermont-Ferrand möchte ich erneut über die sechs Meter kommen. Das wäre neuer Meetingrekord - den hält bislang noch immer Sergej Bubka.«

Neben dieser Jahresweltbestleitung gab es weitere Leistungen, die in dieser Hallensaison noch nicht erreicht worden sind: Im 60-Meter-Hürdensprint düpierte der Außenseiter Orlando Ortega aus Kuba mit neuer Saisonbestzeit von 7,51 Sekunden die beiden Olympiasieger der letzten Jahre, seinen Landsmann Dayron Robles (7,53) und den Amerikaner Aries Merritt (7,58).

Eine inoffizielle Hallenweltbestleistung stellte Diskuswerferin Shanice Craft mit 62,07 Metern auf. Die EM-Dritte aus Mannheim übertraf in der unterhaltsamen Wurfentscheidung, die als Einzelwettbewerb und als Teamkonkurrenz (eine Werferin, ein Werfer) ausgetragen wurde und viel Beifall fand, die bisherige Rekordweite der Finnin Sanna Kämäräinen um immerhin 1,40 Meter.

Eine Klasse für sich waren die 60-Meter-Sprintfinals. Der 38-jährige Exweltmeister Kim Collins von den Karibikinseln St. Kitts und Nevis gewann in 6,50 Sekunden, wiederholte damit seinen Vorjahrssieg und blieb nur zwei Hundertstelsekunden unter seinen Jahresweltbestzeit. Der Berliner Lucas Jakubczyk freute sich als Dritter über seinen Saisonbestzeit von 6,59 Sekunden, aus der er viel Zuversicht für die bevorstehenden Hallen-EM schöpft. Immerhin ließ er den mehrfachen französischen Europameister Christophe Lemaitre, der 2010 als erster weißer Sprinter die 100 Meter im Freien unter 10 Sekunden (9,98) gelaufen war, als Fünften (6,65) deutlich hinter sich.

Die zweifache Freiluft-Europameisterin Dafne Schippers aus den Niederlanden stürmte in 7,09 Sekunden zum Sieg. Ex-Europameisterin Verena Sailer (Mannheim) wurde in 7,22 Sekunden Vierte. Schließlich erfüllte die Leipzigerin Cindy Roleder als Siegerin über 60 Meter Hürden mit 8,06 Sekunden zum zweiten Mal die EM-Norm des DLV.

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