Gar furchtbar labert Opapa

Thomas Blum zur Petition gegen die »Promi«-Haltestellenansagen.

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.
Die U-Bahn in Berlin ist voll mit Werbung. Wo man hinschaut, hängen Plakate, flimmern Filmchen. Doch den Ansagen Prominenter in der U2 kann man leider auch mit geschlossen Augen nicht entgehen.

Die frühen 90er Jahre, als eine der wenigen Belästigungen, die man in der Berliner U-Bahn zu gewärtigen hatte, ein bisschen Reklame war, muten heute wie eine goldene Zeit an. Man war nur gezwungen, Tag für Tag auf denselben stumpfsinnigen Slogan eines Berliner Brotherstellers zu starren, der für Humor ausgab, was denkenden und fühlenden Menschen kalte Schauer der Abscheu über den Rücken jagte: »Gar furchtbar schimpft der Opapa / Die Oma hat kein Paech-Brot da.« Man wusste als Fahrgast, dass hier die offene Verblödung waltet, war aber machtlos.

Heute sind alle Waggons außen wie innen mit Werbung zugepflastert. In der U2 werden seit einiger Zeit - als »Werbegag« - auch die Haltestellenansagen von sogenannten Promis gemacht. Geplant ist, dass das noch bis März so geht. Keiner soll entkommen. In einer Gesellschaft der permanenten Dauerberieselung durch blinkende Werbetafeln, Rund-um-die-Uhr-Dudelfunk und -Handygequatsche und der Allgegenwart von anderem Akustikdreck, ist eine Sache, deren Existenz sich nur ihrer Schönheit und Zweckmäßigkeit verdankt, nicht mehr vorgesehen. Stille schon gar nicht. Selbst eine Haltestellenansage muss aufgemotzt, gepimpt, auf Teufel komm raus zwangseventisiert werden. Doch bei der BVG hält man es nicht für eine Zumutung, sondern für eine Kundenbeglückung, wenn dieselben Peinfiguren, deren penetrante Anwesenheit in Radio, TV und Reklame man schon kaum mehr ertragen kann, jetzt auch noch in der U-Bahn auf uns einrhabarbern.

Eine Online-Petition fordert nun, die »Promi-Ansagen« sofort abzuschalten. Die Rechtfertigung der BVG für die akustische Belästigung lautet: »Wenn wir das drei Jahre lang laufen lassen würden, würde das auch keiner mehr hören.« Das sagte deren Specherin Petra Reetz dem »Tagesspiegel«, der dazu kommentierte: »Klingt wie eine Drohung.« Ein Argument, wie es nur von einer Institution wie der BVG kommen kann: Wem jahrelang fürchterliche Schmerzen zugefügt wurden, der gewöhnt sich daran und spürt sie irgendwann nicht mehr. Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Frau, die so spricht, für die Öffentlichkeitsarbeit der BVG zuständig ist. Dort hielt man es vor einigen Jahren auch für komisch, auf eine Herrenunterhose »Rohrdamm« und auf einen Damenslip »Jungfernheide« zu drucken.

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