Mehr Hilfe bei Demenz - auch ohne Pflegestufe

Leserfragen zur Pflegereform, die im Januar 2015 in Kraft trat

  • Lesedauer: 3 Min.
Seit dem Inkrafttreten der Pflegereform zu Beginn dieses Jahres gibt es viele Leserfragen hinsichtlich der Hilfe und Unterstützung für Demenzkranke. Wir gehen auf die Leserfragen nachfolgend zusammenfassend ein.

Menschen mit Demenz, geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen erhalten ab diesem Jahr mehr Unterstützung von der Pflegeversicherung. Das gilt auch für jene, die noch keine der Pflegestufen I, II oder III haben.

Bedingung ist jedoch, dass ein erheblicher und dauerhafter Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung besteht. Als dauerhaft gilt laut Sozialgesetzbuch (SGB) XI ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten.

Betroffene ohne Pflegestufe, die zu Hause betreut werden, haben ab 2015 Anspruch auf folgende Leistungen:

1. Bei Betreuung in den eigenen vier Wänden

 Das Pflegegeld steigt von 120 auf 123 Euro im Monat. Darüber kann frei verfügt werden. Wird ein ambulanter Dienst engagiert, übernimmt die Pflegeversicherung bis zu 231 Euro monatlich als sogenannte Sachleistung. Eine Kombination mit dem Pflegegeld ist möglich.

 Zusätzlich zahlt die Pflegeversicherung monatlich bis zu 104 Euro - bei erhöhtem Bedarf bis zu 208 Euro - für die Betreuung durch entsprechend qualifizierte Personen. Das Geld kann auch für die neuen »niedrigschwelligen Angebote«, wie etwa eine Haushaltshilfe, verwendet werden. Wird kein ambulanter Dienst genutzt, dürfen bis zu 40 Prozent der dafür vorgesehenen Mittel - das sind 92,40 Euro monatlich - ebenfalls für die niedrigschwelligen Angebote verwendet werden.

 Für die Verhinderungspflege zu Hause - wenn die eigentliche Pflegeperson nicht zur Verfügung stehen kann - gibt es nun bis zu 1612 Euro pro Jahr. Der Anspruch wurde von vier auf sechs Wochen pro Jahr verlängert. Der Betrag kann bis auf 2418 Euro aus nicht genutzten Mitteln der Kurzzeitpflege aufgestockt werden.

 Dienen Umbauten in der Wohnung dazu, die Betreuung zu verbessern oder überhaupt erst zu ermöglichen, kann dies mit bis zu 4000 Euro pro »wohnumfeldverbessernder Maßnahme« von der Pflegekasse bezuschusst werden.

2. Bei Betreuung in geeigneten Einrichtungen

 Erstmals übernimmt die Pflegeversicherung auch für Betroffene ohne Pflegestufe bis zu 231 Euro pro Monat bei teilstationärer Tages- und Nachtpflege.

 Auch die Kurzzeitpflege - etwa nach einem Klinikaufenthalt - kann erstmals genutzt werden. Bis zu 1612 Euro trägt die Pflegeversicherung für vier Wochen pro Jahr. Die Kurzzeitpflege kann bis auf acht Wochen und 3224 Euro verdoppelt werden, wenn keine Verhinderungspflege in Anspruch genommen wurde.

 Bei einem Umzug in eine Pflege-Wohngruppe ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Anschubfinanzierung von 2500 Euro möglich.

3. Beratung und Antragstellung

Auch ohne Pflegestufe müssen sowohl die Begutachtung der erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz als auch die verschiedenen Leistungen bei der Pflegeversicherung beantragt werden. Da die Betroffenen dazu meist nicht selbst in der Lage sind, muss das der pflegende Angehörige beziehungsweise der gesetzliche Vertreter übernehmen.

Weil die Formalitäten nicht einfach sind, sollte keinesfalls auf die Hilfe der Pflegeberatung verzichtet werden, zumal diese jedem per Gesetz kostenfrei und anbieterneutral zusteht.

Gesetzlich Versicherte wenden sich an ihre Pflegekasse oder einen Pflegestützpunkt, privat Versicherte bundeseinheitlich an die Compass Pflegeberatung. Die Experten kennen in der Regel die Adressen der regionalen Anbieter, die auf die Betreuung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz spezialisiert sind.

Uwe Strachovsky

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