Ärzte appellieren an Impfgegner
Verband: Impfskeptischen Medizinern und Hebammen die Zulassung entziehen
Mit einem dramatischen Appell haben sich Kinder- und Jugendärzte für Impfungen ausgesprochen und Sanktionen gegen jene gefordert, die vor Immunisierungen warnen. Mediziner, die ihren Patienten oder - im Falle von Kindern - deren Eltern direkt oder indirekt von Impfungen abrieten, müsse die Zulassung entzogen werden, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Wolfram Hartmann, am Freitag auf einem Kongress des Verbandes in Weimar. Die Selbstverwaltungsgremien der Ärzte - wie die Kassenärztlichen Vereinigungen - müssten durchgreifen. Entsprechendes müsse für Hebammen gelten. Es sei unverantwortlich, wenn mit widerlegbaren Behauptungen gegen Impfungen argumentiert werde. Menschen, die in der Medizin tätig seien und sich gegen Impfungen aussprächen, müsse »das Handwerk gelegt« werden, so Hartmann.
Der Verband spricht sich seit Jahren für eine Impfpflicht aus. Hartmann und seine Kollegen sehen sich durch den jüngsten Masernausbruch unter anderem in Berlin darin bestärkt. Der Ausbruch der Krankheit zeige, dass Deutschland weit vom Ziel entfernt sei, die Masern auszurotten - obwohl sich die Bundesrepublik dazu verpflichtet habe, das schon bis Ende 2010 zu erreichen.
Auch Kleinkinder, die die Masern überlebten, hätten in ihren Jugendjahren ein mit 1 zu 500 deutlich erhöhtes Risiko, an einer in jedem Fall tödlichen Hirnentzündung zu erkranken, so Hartmann. Eltern, die ihre Kindern nicht impfen ließen, missachteten deren Grundrechte. Der BVKJ fordert, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen.
Hartmann sagte, er gehe davon aus, dass etwa zehn bis fünfzehn Prozent aller Ärzte in Deutschland eine impfkritische Meinung hätten oder sogar Impfgegner seien. Bei den Hebammen liege der Anteil bei etwa 20 Prozent. Dabei stellten nicht geimpfte Kinder und Erwachsene auch für andere ein Risiko dar. Die Gesundheit von Menschen, die etwa aufgrund von Vorerkrankungen nicht immunisiert werden könnten, sei durch Impfverweigerer gefährdet.
Zugleich warnten Vertreter des BVKJ davor, dass sich viele Menschen in den neuen Bundesländern mit Blick auf ihren Impfschutz in trügerischer Sicherheit wiegen. Zwar sei es richtig, dass die Durchimpfung bei Männern und Frauen, die in der DDR geboren wurden, vergleichsweise hoch sei. Trotzdem gebe es Impflücken, die geschlossen werden müssten. So sollten vor allem zwischen 1970 und 1985 Geborene mit ihrem Hausarzt prüfen, ob sie ausreichend gegen Masern immunisiert sind, hieß es. In dieser Zeit habe es meist nur eine Masernimpfung gegeben, obwohl aus heutiger Sicht zwei notwendig seien, um umfassenden Schutz zu gewährleisten. Und auch bei denen, die nach 1985 in der DDR geboren worden seien, schade eine Überprüfung des Schutzes nicht. Denn auch wenn in der zweiten Hälfte der 1980er eine zweifache Masernimpfung vorgeschrieben gewesen sei, könne es Fälle gegeben haben, in denen nur eine verabreicht wurde. Sicher immunisiert, sagte Hartmann, seien jene, die bereits an Masern erkrankt gewesen seien.
Einer der wissenschaftlichen Referenten des Kongresses, Burkhard Ruppert, warb zudem dafür, mehr Mädchen zwischen neun und 14 Jahren gegen Gebärmutterhalskrebs zu impfen. Die Durchimpfungsrate gegen diese Krankheit liege in Deutschland nach Zahlen von 2012 nur bei 40 Prozent aller Frauen, sagte er. Man müsse sich klar machen, dass eine konsequente Durchimpfung gegen die Viren, die diesen Krebs verursachen, viele Todesfälle verhindern könne. Täglich sterben in Deutschland sechs Frauen an dieser Krebsform.
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