Flüchtlinge kommen im Mai nach Tröglitz
Der Landkreis will damit eine Lehre aus dem Rücktritt des Bürgermeisters ziehen
Tröglitz. Nach dem Rücktritt des Bürgermeisters wegen rechtsextremer Anfeindungen wird Tröglitz voraussichtlich im Mai die ersten Asylbewerber aufnehmen. Das sagte eine Sprecherin des Burgenlandkreises am Dienstag. Zuvor sollen die Bewohner des Ortes bei einer Einwohnerversammlung informiert werden. Der Termin dafür sei der 31. März. »Wir wollen den Einwohnern die Chance geben, Fragen zu stellen«, sagte die Kreissprecherin weiter. Am Montagabend hatte der Kreistag beschlossen, dass in dem knapp 3000 Einwohner zählenden Ort Tröglitz insgesamt 40 Asylbewerber untergebracht werden sollen. Der Rücktritt des ehrenamtlichen Ortsbürgermeisters Markus Nierth (parteilos) ruft derweil weiter Bedauern hervor.
Gegen die Pläne des Kreises, in Tröglitz Wohnungen für Asylbewerber anzumieten, hatten Rechtsextreme mehrfach demonstriert. Nierth war zurückgetreten, weil es auch vor seinem Haus Proteste geben sollte und er nach eigenen Angaben zu wenig Unterstützung erfuhr.
Der Vorfall hat inzwischen bundesweit Empörung ausgelöst. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) plant als Konsequenz eine Verordnung zum besseren Schutz von ehrenamtlichen Politikern. Der Erlass soll Kommunen die Möglichkeit einräumen, Versammlungen in Hör- und Sichtweite von Wohngrundstücken Ehrenamtlicher zu verbieten.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sprach am Dienstag in Berlin von einer »Tragödie für unsere Demokratie«, wenn ein gewählter Bürgermeister wegen Anfeindungen von Neonazis zurücktreten müsse. Politik und Zivilgesellschaft müssten gemeinsam klar Position beziehen und die Demokratie gegen rechtsextreme Umtriebe verteidigen.
Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte es »ein unheilvolles Signal für die Demokratie«, wenn ein gewählter Bürgermeister aus Sorge vor Übergriffen und Frustration über mangelnde Unterstützung seinen Hut nehme. Alle demokratischen Kräfte müssten verhindern, dass »sich der braune Mob Platz macht«.
LINKEN-Chef Bernd Riexinger sieht in den Tröglitzer Vorgängen das »Scheitern einer Politik, die soziale Probleme missachtet und auf dem rechten Auge blind ist«. Die Bundesregierung trage mit Verantwortung dafür, dass statt einer Willkommenskultur in einigen Teilen Deutschlands Ressentiments gegenüber Flüchtlingen überwögen. »Dass Fackelzüge bis vor die Privatwohnung eines Bürgermeisters in Tröglitz möglich waren und nicht von den Behörden verhindert wurden, ist vollkommen inakzeptabel«, sagte Riexinger.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma wandte sich mit einem Schreiben an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Dieser solle sich persönlich einschalten und für ein konsequenteres Vorgehen gegen die zunehmenden Bedrohungsstrategien der Rechtsextremisten sorgen, verlangte Zentralrats-Vorsitzender Romani Rose. Der Rücktritt des Ortsbürgermeisters könne nicht folgenlos bleiben, mahnte er.
Wie indes die sogenannte Mobile Opferberatung in Sachsen-Anhalt am Dienstag mitteilte, bleibt rechte und rassistische Gewalt in dem Land trotz eines leichten Rückgangs auf hohem Niveau. Im vergangenen Jahr wurden jede Woche zwei rechte Gewalttaten registriert. Die Jahresbilanz weist 103 solcher Fälle mit 140 direkt Betroffenen aus. Agenturen/nd
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