Blumen des Bösen
Ingolf Bossenz zur möglichen Wiederkehr des Erschießungspelotons in den USA
Baudelaires poetische Bekundung, dass die Dämmerung die Wahnsinnigen in Erregung versetze, findet ihre Bestätigung in der profanen Profession des Henkers. Denn die hoffnungsvolle Dämmerung, die in jüngster Zeit dem Dunkel US-amerikanischer Exekutionspraxis entstieg, lässt auch neue »Blumen des Bösen« (Baudelaire) blühen: Der Senat des Staates Utah stimmte jetzt für die Wiedereinführung des Erschießens als Hinrichtungsmethode. Sollten die nötigen Präparate für die ansonsten angewandte Giftinjektion nicht zu beschaffen sein - da gibt es bekanntlich derzeit Probleme -, könnte für den Delinquenten der Tod nicht aus den Kanülen der Killerapparatur, sondern aus den Läufen der Karabiner des Erschießungspelotons kommen.
Der Vorteil: Ähnlich wie bei der archaischen Praxis der Steinigung (hier könnten die USA von einigen islamischen Staaten lernen) ist beim Erschießungskommando der Anteil des einzelnen Exekutors nicht zu ermitteln. So argumentiert auch der Initiator des Vorstoßes in Utah, der Republikaner Paul Ray, für den das Erschießen humaner ist als das Totspritzen. Nach einer Reihe qualvoller Hinrichtungen beschäftigt sich der Supreme Court im kommenden Monat mit der Verfassungsmäßigkeit der Giftinjektion. Dann könnte - Nicht nur in Utah? - durchaus die Stunde der Pelotons schlagen. Aber wer gibt eigentlich den bisweilen nötigen »Gnadenschuss« ab? Der Gouverneur?
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