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Auch aus SPD und Grünen Ruf nach Reparationen

Bundesregierung bleibt bei Nein / Ralf Stegner für »Entschädigungs-Diskussion« / Gesine Schwan: Deutschland muss begangenes Unrecht anerkennen

  • Lesedauer: 3 Min.

Update 17.10 Uhr: Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth hat sich dafür ausgesprochen, Griechenland für die Folgen der Nazi-Besatzung zu entschädigen. »Aus den Verbrechen der Nazis in Griechenland und dem griechischen Zwangskredit erwächst für die Bundesrepublik eine Verantwortung, die wir nun nicht einfach für erledigt erklären können«, sagte die Grünen-Politikerin dem »Tagesspiegel«. Neben der juristischen Ebene gebe es auch die politische und vor allem moralische Verpflichtung Deutschlands, sich zu seiner Vergangenheit zu bekennen. »Die scheußlichen Verbrechen der Nazis in Griechenland sind bis heute eine offene Wunde, etwa die fast vollständige Ausrottung der jüdischen Gemeinde in Thessaloniki, die Zerstörung ganzer Dörfer, in denen Partisanen unterstützt wurden, oder die grauenhafte Besatzung Athens mit unzähligen Hungertoten«, sagte Roth. Sie forderte die Bundesregierung auf, völlig unabhängig von der aktuellen Debatte über die Krise in Griechenland und Europa ein »offenes und faires« Gespräch mit Griechenland zu suchen, »um eine gemeinsame Lösung zu finden, die in die Zukunft weist«.

Update 12.40 Uhr: Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Nein zu den Reparationsforderungen aus Griechenland. Die Frage sei »politisch und juristisch abgeschlossen«, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, der Nachrichtenseite n-tv.de. »Deutschland steht zu seiner historischen Schuld und auch zu seiner Verantwortung«, fügte er hinzu und räumte ein, dass die Verbrechen der Nazis in Griechenland noch nicht vollständig aufgearbeitet seien. Roth betonte in dem Zusammenhang die Bedeutung von Projekten, die den Zusammenhalt zwischen Griechen und Deutschen stärken sollen. »Der Zukunftsfonds, das deutsch-griechische Jugendwerk, die besondere Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und die Unterstützung der jüdischen Gemeinden in Griechenland sind auch dieser moralischen und politischen Verantwortung geschuldet.« Angesichts der jüngsten Spannungen zwischen Berlin und Athen rief er beide Seiten dazu auf, sich »ein bisschen zusammenzureißen«.

Auch aus SPD und Grünen Ruf nach Reparationen

Berlin. Bisher war die Forderung der SYRIZA-geführten Regierung in Athen nach Reparationen für das von NS-Deutschland begangene Unrecht in Griechenland nur von Linken und Juristen unterstützt worden. Nun haben sich auch Politiker von SPD und Grünen für eine Entschädigung ausgesprochen. Die Sozialdemokratin Gesine Schwan sagte »Spiegel Online«, politisch sei der Fall für sie eindeutig. »Wir sollten auf die Opfer und deren Angehörige finanziell zugehen.« Deutschland müsse vor der eigenen Tür kehren, sagte Schwan. »Es geht darum anzuerkennen, dass wir in Griechenland schlimmes Unrecht begangen haben.«

SPD-Vize Ralf Stegner sagte, es müsse eine »Entschädigungs-Diskussion« geführt werden. »Es gibt auch nach Jahrzehnten noch zu lösende völkerrechtliche Fragen«, sagte er. Die Frage der Entschädigungen dürfe aber nicht mit der aktuellen Debatte über die Euro-Krise verknüpft werden. Auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter äußerte sich ähnlich: Deutschland könne die Forderungen aus Griechenland »nicht einfach vom Tisch wischen«. Weder moralisch noch juristisch sei dieses Kapitel eindeutig abgeschlossen. Die Bundesregierung wäre »gut beraten, mit Griechenland Gespräche über die Aufarbeitung der deutschen Verbrechen in Griechenland und eine gütliche Lösung zu suchen«.

Die SYRIZA-geführte Koalition hatte stets - so wie auch Vorgängerregierungen - auf die seit langem bestehende Forderung nach deutschen Reparationen für deutsche Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg bestanden. Dabei geht es unter anderem um eine von den Nazis abgepresste Zwangsanleihe. Die Bundesregierung lehnt Reparationszahlungen ab, sie betrachtet die Angelegenheit als rechtlich abschließend geregelt. Dies wird von einigen Juristen aber kritisiert. Agenturen/nd

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