Blockupy-Protest: Auch für Prinzessinnen!

Polizei errichtet Sicherheitszone um EZB-Zentrale / Sonderzug zu Protesten auf dem Weg nach Frankfurt / Organisatoren betonen friedlichen Protest / Kritik an massiven Sicherheitsvorkehrungen

Update 22.55 Uhr: Während der Sonderzug durch die Nacht seinem Ziel entgegenfährt, dürfte in Frankfurt die Nervosität steigen. Für die Polizei heißt das: Pünktlich Angetreten! Bereits in den frühen Morgenstunden sollen die ersten Proteste des zivilen Ungehorsams stattfinden, ehe spätestens am Nachmittag tausende Demonstranten die Frankfurter Innenstadt erobern.

Update 22.40 Uhr: Was haben Fußball und der Sonderzug nach Frankfurt gemeinsam? Die Antwort: Der Blockupy-Express hat sich die Idee bei enthusiastischen Fans (In diesem Fall vom FC St. Pauli) abgeschaut und bei der Schweizer Bahn einen Zug gemietet. Der und die Kosten für die Nutzung des DB-Streckennetzes kosten knapp 48.000 Euro. Da für die Fahrt auch Soli-Tickets zum vergünstigten Preis verkauft wurden, fehlt unterm Strich noch Geld, um die Kosten komplett zu bezahlen. Die ein oder andere Soliparty wird es also noch geben.

Dossier

Am 18. März soll in Frankfurt am Main der Neubau der Europäischen Zentralbank gefeiert werden. Blockupy mobilisiert den Protest dagegen: gegen ein Europa des Kapitals, des Neoliberalismus und der Krise.

Immerhin: Die Abteile sollen sehr gemütlich sein, berichten uns Reisende. Muss man sich in modernen Bahn ganz im Sinne der kapitalistischen Verwertungslogik einen teuren Platz im Schlafwagen kaufen, tun es hier auch rote Plüschsessel.

Update 22.20 Uhr: Apropos Schlaf. Während in manchen Abteilen mancher Reisende in Anbetracht einer kurzen Nacht vor sich hin döst, denke andere Protestteilnehmer noch längst nicht an Ruhe. Gegen 23 Uhr sollen italienische Protestsongs gesungen werden, gerade verteilte jemand im Zug den Text zum vertonten bretchschen Gedicht »Resolution der Kommunarden«.

Update 22.10 Uhr: Vor wenigen Minuten hat der Blockupy-Sonderzug mit Göttingen seine letzte Zwischenstation passiert. Sicher ist: Die Bahn wird mit etwa 90 Minuten Verspätung gegen 1.30 Uhr am Ziel Frankfurt Südbahnhof ankommen. Die Reise durch die Nacht ist damit allerdings noch nicht am Ende. Da zur späten Stunde in der Mainmetropole kein Nahverkehr mehr fährt, müssten die Demonstranten zu Fuß ihre Schlafplätze aufsuchen. »Wenn wir Glück haben, bekommen wir noch drei Stunden Schlaf«, sagt ein Reisender.

Update 20.20 Uhr: Vor wenigen Minuten erreichte der Sonderzug Hannover, wo weitere etwa 100 Blockupy-Aktivisten lautstark begrüßt worden. Im Blockupy-Express herrscht trotz der Enge in den nostalgisch anmutenden Abteilen heitere Stimmung. Im Wagen Acht steht eine Gruppe junger Studierender im kreis um einen schwarzen und rosa Regenschirm. Ihr akademisch anmutender Diskurs dreht sich um die Frage, mit welchen Motiven der Regenschutz in ein Gesamtkunstwerk verwandelt werden soll. »Block EZB« - soweit scheint sich die Gruppe noch einig zu sein. Doch ob es auf dem rosa Schirm »Auch für Prinzessinnen« oder »Managerinnen« heißen soll, müssen die Jungs wohl noch im Laufe der Nacht klären.

Update 17.10 Uhr: Das wird eine kurze Nacht. Mit rund 70 Minuten Verspätung hat der Sonderzug Richtung Frankfurt den Berliner Ostbahnhof verlassen. An Bord: 870 gut gelaunte Blockupy-Aktivisten, die inzwischen überlegen, ob Sie nach der damit weit nach Mitternacht verschobenen Ankunft am Main nicht gleich direkt einen Bogen um ihre Schlaflager machen sollen. Immerhin: Der Sonderzug, bereitgestellt durch die Schweizer Bahn, soll mit seinem 70er Jahre Charme und roten Plüschsesseln in der ersten Klasse ausreichend Reisekomfort bieten. Ganz im Geiste der Schweizer Neutralität gab es kurz nach der Abfahrt allerdings ein Ansage des Lokführers: »Bitte keine roten fahnen aus dem Fenster hängen.«

Update 16.50 Uhr: Kommunikation ist so eine Sache. Für besorgte Frankfurter Bürger hat die Polizei die Gesprächszeiten ihres Bürgertelefons extra um ein paar Stunden verlängert. In der Zeit von 7.00 Uhr bis 23 Uhr geben die Beamten unter 0800/1103333 Auskunft zu allen wichtigen Fragen rund um die Sicherheit bei den Blockupy-Protesten. Falls der gemeine Straßendemonstrant dann vielleicht doch Gewaltabsichten hegt und plötzlich in Ihrem Laden steht, befolgen sie diese Hinweise:

  • Sollten Protestierende Ihr Geschäft betreten, bleiben Sie besonnen und gehen Sie keine Konflikte ein!
  • Geben Sie Ihren Mitarbeitern spezielle Verhaltenshinweise (legere Kleidung, Arbeitszeiten evtl. an Veranstaltungslage anpassen)
  • Rufen Sie im Notfall den Polizeinotruf 110 an und überlassen Sie der Polizei die Konfliktklärung!

Teilnehmer an den Blockupy-Protesten sollten die obrige Nummer allerdings besser nicht anrufen, wobei die Polizei ohnehin jedes Handygespräch via Funkzellenüberwachung erfassen dürfte, das Morgen auch nur in der Nähe der EZB-Zentrale geführt wird. Schon im Vorfeld warf der Staatsschutz ein besonderes Auge auf die Demo-Teilnehmer. Wie die hessische LINKE kritisierte, habe es im Vorfeld Abfragen von Passagierlisten bei Busunternehmen gegeben, die rund um den 18. März Gruppen nach Frankfurt fahren.

Update 16.20 Uhr: Vor der Eröffnungsfeier der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt an diesem Mittwoch hat die Polizei eine weitläufige Sperrzone um das Gebäude errichtet. Das Gebiet ist mit Gittern und Stacheldraht gesichert. Nur Beschäftigte und Anwohner dürfen nach Ausweiskontrollen das Gelände betreten. Polizisten sind in Erwartung der internationalen Blockupy-Proteste in der ganzen Innenstadt präsent. Der Betrieb der Busse und Straßenbahnen in der Innenstadt wird am Mittwoch weitgehend eingestellt.

Der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill beziffert die Zahl der Beamten, verstärkt durch Einsatzkräfte fast aller anderen Bundesländer und des Bundes, auf einen »oberen vierstelligen Bereich«. Das bedeutet, dass es nicht viel weniger als 10.000 Einsatzkräfte sein werden. Die Polizei erwartet wie die Veranstalter der Proteste an diesem Mittwoch mindestens 10.000 Demonstranten aus dem In- und Ausland.

Bereswill bekräftigte seine Prognose, dass neben einer großen Zahl friedlicher Teilnehmer auch Gewalttäter nach Frankfurt kommen werden. Dafür werde im Internet fleißig mobilisiert.

Das Blockupy-Bündnis kritisierte die am Montag und Dienstag getroffenen Sicherheitsvorkehrungen der Polizei dagegen als »Angstmache«. Die Blockade der EZB werde seit Monaten in Trainings vorbereitet. Es sei eine Massenblockade mit Sitz- und Stehblockaden, Musik, Straßentheater, »thematischen Gegenständen« und Bannern. »Von der Blockade geht keine Eskalation aus«, hieß es.

Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hieß die 2.600 Mitarbeiter der EZB und die anderer Banken in Frankfurt willkommen. Zugleich versicherte er Gewerkschaften, Parteien und Nichtregierungsorganisationen seine Unterstützung, wenn sie »gegen die Durchökonomisierung unserer Gesellschaft« protestieren. Feldmann sprach sich dabei strikt gegen Gewalt aus.

Update 16.15 Uhr: Unterstützung für Blockupy gibt es aus dem In- und Ausland und klar, auch aus Thüringen. »Immer wieder wird uns eingeredet, es gebe keine Alternative zu Sozialkürzungen, Demokratieabbau und zunehmender Spaltung in Arm und Reich. Wir wollen der verheerenden Krisenpolitik der letzten Jahre das deutliche Signal entgegensetzen, dass eine andere Welt möglich ist«, erklärt etwa die Vorsitzende der Thüringer Linksfraktion, Susanne Hennig-Wellsow, die selbst an den Protesten in Frankfurt teilnimmt.

Update 16.00 Uhr: Einen Tag vor der Großkundgebung zur Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt haben die Organisatoren ihre friedlichen Absichten betont. »Wir vom Blockupy-Bündnis planen keine Gewalttaten, sondern einen friedlichen, bunten, lauten Protest«, sagte Ulrich Wilken am Dienstag in Frankfurt. Der hessische LINKEN-Landtagsabgeordnete hat die Demonstration angemeldet, zu der am Mittwoch mindestens 10 000 Teilnehmer erwartet werden. Geplant sind aber den ganzen Tag über Protestaktionen. Damit solle der Widerstand gegen die Politik von Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und EZB, aber auch der Bundesregierung verdeutlicht werden, sagte Wilken.

Unterdessen hat ein vom Blockupy-Bündnis organisierter Sonderzug mit einigen Minuten Verspätung Berlin verlassen. Die eher nostalgisch anmutende Bahn soll gegen Mitternach in der Mainmetropole eintreffen.

Update 15.30 Uhr: Einen Tag vor den angekündigten Protesten der antikapitalistischen Blockupy-Bewegung in Frankfurt hat die Stadt einen Puffer um die Sicherheitszone markiert, mit der die Polizei die Europäische Zentralbank (EZB) abschirmen will. Nach einer Auflage des Ordnungsdezernats müssen die Demonstranten zehn Meter Abstand zur Absperrung halten. Diese Entfernung werde mit weißer Farbe markiert, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Absperrgitter, NATO-Draht und Wasserwerfer: Der spektakuläre EZB-Neubau am Main im Ostend erinnerte einen Tag vor der Eröffnung an eine Festung. Die EZB eröffnet an diesem Mittwoch ihre neue Zentrale offiziell. Zu Demonstrationen, Blockaden, Kundgebungen und Mahnwachen werden mehr als 10 000 Menschen in der Stadt erwartet. Agenturen/nd

+++ Gefahrengebiet Kinderspielplatz: Zeit zum Toben wie die Kleinsten dürften die Demonstranten am Mittwoch ohnehin nicht haben. +++ +++ Auch von einer Tischtennisplatte sollten sich die Blockupy-Aktivisten besser fernhalten. So ein Tischtennisschläger kann schließlich zu einer gefährlichen Waffe werden. +++
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