Einbahnstraße Fracking

Studie: Eine Wiederholung des Gas- und Ölbooms wie in den Vereinigten Staaten wird in Europa ausbleiben

  • Thilo Ludwig
  • Lesedauer: 3 Min.

In Anbetracht der Umweltkosten und der Rentabilität wird Fracking »nie einen substanziellen Beitrag haben können«. So fasst der Energieforscher Werner Zittel die Ergebnisse seiner am Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie »Fracking - eine Zwischenbilanz« zusammen.

Laut der Untersuchung zeichnet sich durch die jüngsten Entwicklungen in den USA ein deutliches Ende des Fracking-Booms ab. So sei nicht nur der Förderhöhepunkt in den USA erreicht, sondern es heize auch die steigende Verschuldung der in Fracking aktiven Unternehmen seit dem Zusammenbruch des Gaspreises 2009 die Idee einer »Kohlenstoffblase« in der Wirtschaft wieder an. Um die Investoren noch bedienen zu können, würden neue Schulden aufgenommen und die Investitionen stark zurückgefahren. So sanken diese von knapp 200 Milliarden Dollar im Jahr 2010 auf 3,4 Milliarden im Jahr 2013. Massenentlassungen und Insolvenzen vervollständigten das Bild.

Doch nicht nur die Rentabilität von Fracking stellt die Studie in Frage. Auch werden die von Experten vielfach geäußerten gesundheitlichen Bedenken bestätigt. Der Fracking-Aktivist und Experte Andy Gheorghiu gibt zu bedenken, dass die für diese Fördertechnologie benötigten Milliarden Liter Trinkwasser durch radioaktive Stoffe und Schwermetalle kontaminiert werden. Nicht umsonst haben die US-Bundesstaaten New York und Vermont Fracking bereits verboten.

Neben Umweltrisiken wie überhöhten Methanemissionen oder durch Fracking ausgelösten Erdbeben in den USA oder den Niederlanden beleuchtet die Studie auch die Infrastrukturschäden: Allein in Südtexas entstehen aufgrund der genutzten Schwerlastfahrzeuge jährliche Kosten von zwei Milliarden Dollar durch Straßenschäden.

Auch weist Gheorghiu darauf hin, dass eine Energieunabhängigkeit durch Schiefergas illusorisch sei. Nicht nur seien die Vorkommen zu gering, auch »torpediert Fracking die Klimaschutzziele und die Energiepolitik«. Anstatt Umweltauflagen aufzuweichen und eine neue »Industrielandschaft« zu schaffen, wäre eine Substi-tution durch erneuerbare Energien sinnvoller, so der Experte.

Da die USA insgesamt viele Unterschiede zu Europa aufweisen, ist laut Studie eine Übertragung des US-amerikanischen Erfolges auf den alten Kontinent nicht möglich. So weist Europa deutlich geringere Schiefergasvorkommen auf, besitzt höhere Standards und Auflagen - was die Kosten erhöht. Auch treten Landnutzungskonflikte aufgrund einer höheren Bevölkerungsdichte in Mitteleuropa stärker auf als in den ländlichen Fracking-Gebieten der USA.

Für den Chef der Energy Watch Group, Hans-Josef Fell, befindet sich die fossile Energiebranche sowieso in einer schlechten Position: »Auf der einen Seite kann die Industrie momentan nicht rentabel investieren. Und steigen die Rohstoffpreise wieder, rücken die erneuerbaren Energien in den Vordergrund.« Daher versuche auch die Energielobby, mit vielen Tricks die EU-Staaten zu beeinflussen, Fracking zuzulassen. Letztendlich gehe es im Energiesektor darum, »Kunden und Investoren zu zeigen, dass der fossile Weg weitergeht« und neue Techniken den Förderrückgang auch in Deutschland ausgleichen könnten, so die Feststellung.

Auch die Oppositionsparteien teilen diese Einschätzung. Die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Julia Verlinden, erklärte, die Studie zeige, dass Fracking »energie- und klimapolitisch in die Sackgasse« führe. Laut Hubertus Zdebel, Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Naturschutz für die Linksfraktion, wird die Partei gegen einen Koalitionsgesetzentwurf zum Fracking in Deutschland stimmen. Bereits im Januar reichte die LINKE einen Antrag für ein ausnahmsloses gesetzliches Verbot von Fracking ins Parlament ein.

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