Leiharbeiter nicht für ewig

Europäischer Gerichtshof entschied zugunsten finnischer Gewerkschaft

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Die EU-Leiharbeitsrichtlinie bereitet Arbeitsrechtlern und insbesondere Gewerkschaftern vielerorts in Europa Kopfschmerzen. Sie ermöglicht Unternehmen den vorübergehenden Einsatz von Leiharbeitern unter bestimmten Voraussetzungen. Dazu gehören der Ausgleich von Arbeitsspitzen, die Dringlichkeit von Aufgaben und spezialisiertes Wissen. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen und in Übereinstimmung mit nationalem Recht bzw. Rahmentarifverträgen zu bringen. Aber ab wann gilt der Einsatz nicht mehr als vorübergehend und wann beginnt unlauterer Wettbewerb, in dem Festangestellte diskriminiert und ihrer sozialen Sicherheit beraubt werden?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigte sich nun erstmals mit dieser Frage, nachdem die finnische Transportarbeitergewerkschaft AKT diese vor ein nationales Gericht gebracht hatte. Da es noch keine Präzedenzfälle dazu gibt, rief dieses den EuGH an.

Bei dem Rechtsstreit geht es darum, dass das finnische Unternehmen Shell Aviation polnische Leiharbeiter Arbeiten verrichten lässt, die nach Ansicht der Gewerkschaft permanenten Charakter haben und durch festangestellte örtliche Arbeitnehmer ausgeführt werden müssten. Tatsächlich verbietet der Branchentarifvertrag in seinem solchen Fall den Einsatz von Leiharbeitern. Die Tochter des Ölkonzerns Shell, die auf das Betanken von Flugzeugen spezialisiert ist, setzte die polnischen Leiharbeiter über mehrere Jahre hinweg ein. Für die Gewerkschaft eine unlautere Praxis und ein klarer Verstoß gegen den geltenden Tarifvertrag. Shell Aviation sieht dies anders - es habe sich hauptsächlich um die Abdeckung von Krankheits- und Urlaubsperioden gehandelt.

Der Europäische Gerichtshof urteilte in der vergangenen Woche nun, dass Leiharbeitsverhältnisse von vorübergehender Art sind und sich nicht zum Nachteil von Stammbeschäftigten auswirken dürfen. Leiharbeit sei eine atypische Arbeitsform und dürfe den Regelfall der Festanstellung nicht verdrängen. Im vorliegenden Fall, so die Richter weiter, könne ein Missbrauch der EU-Leiharbeitsrichtlinie angenommen werden. Den Mitgliedstaaten räumte das Gericht damit Spielraum ein, die generelle Erlaubnis der Leiharbeit mit den Erfordernissen des Allgemeinwohles in Übereinstimmung zu bringen. Dies könnte ein funktionierender Arbeitsmarkt sein, der den Missbrauch von Leiharbeit verhindert, aber auch Gesundheits- und Arbeitsschutz. Der Gerichtshof beschäftigte sich jedoch nicht mit der zweiten Problematik, die das finnische Gericht von ihm geklärt haben wollte: einer konkreten Definition, wann die Dauer von Leiharbeitsverträgen als unfair und als Verstoß gegen nationale Beschränkungen aufzufassen sei.

Arbeitsrechtsexperten gehen daher von aus, dass das EuGH-Urteil das unendliche Karussell von Leiharbeitsverträgen nicht stoppen, aber langsamer laufen lassen wird. Insofern sehen es auch Gewerkschafter als Schritt in die richtige Richtung. Von einem »Fortschritt für Europas Arbeitnehmer, denen das Recht auf feste Arbeit verweigert wird«, spricht der Generalsekretär des Europäischen Verbandes der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften, Harald Wiedenhofer. Zu viele Jobs seien befristet und unsicher, weshalb zahlreiche Beschäftigte in nie endenden Kurzzeitverträgen gefangen seien. »Falls wir mehr soziale Gerechtigkeit wollen, muss der Kampf gegen diese Arbeitsform zur Priorität werden, nicht nur bei den Gewerkschaften, sondern auch bei den Regierungen.«

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