Streiken Lehrer für Feuerwehrleute?

GEW-Vorstandsmitglied Andreas Gehrke über den jüngsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst der Länder

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Vorfeld der letzten Verhandlungen am Samstag hatte die GEW gesagt: Wir wollen einen Tarifvertrag für angestellte LehrerInnen im öffentlichen Dienst der Länder, aber nicht um jeden Preis. An welcher Stelle war der Preis zu hoch?
Es ist gescheitert, weil die Arbeitgeberseite nicht wollte. Ganz einfach. Die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) war nicht bereit, einen fixen Zeitplan für die Umsetzung der Paralleltabelle, die eine deutlich bessere Bezahlung für angestellte Lehrkräfte bringen soll, zu vereinbaren.

Sie sagen, der auch an den Verhandlungen beteiligte deutsche beamtenbund dbb sei Ihnen »in den Rücken gefallen«. Inwiefern?
Es ist schwierig, über die Gründe zu spekulieren. Ich glaube, sie wollten das Thema vom Tisch haben und waren letztendlich bereit, für eine sehr kleine Zulage die von der TdL verlangte vierjährige Friedenspflicht zu akzeptieren. Ich verstehe das nicht. Darum haben wir diesen Teil des Kompromisses ja auch abgelehnt.

Wie gerne sind Sie derzeit Teil der DGB-Familie? Die LehrerInnen sind immer sehr präsent bei den Streikbewegungen im öffentlichen Dienst. Am Montagmorgen konnte man lesen, dass ver.di-Chef Frank Bsirske sinngemäß gesagt hat: »Aber streiken müsst ihr alleine.« Er sähe im Küstenschutz wenig Bereitschaft, für die Lehrkräfte zu kämpfen.
Ich halte das für eine nachvollziehbare Äußerung von Bsirske, weil in der Gewerkschaftsbewegung gilt: Wer etwas erreichen will, der muss sich auch selber bewegen. Das ist schon immer so gewesen Ich fühle mich in der DGB-Familie nach wie vor extrem wohl, gerade wenn ich mir angucke, was der dbb gemacht hat.

Warum ist übergreifende Solidarität so schwierig?
Ich weiß doch auch nicht, ob unsere Lehrkräfte massenhaft beispielsweise für die Übergangsversorgung der Feuerwehrleute streiken würden. Jede Gewerkschaft muss selber die Kraft entwickeln, um ihre Forderungen durchsetzen. Das ist so. Und bei der Entgelterhöhung und dem Zurückweisen des Angriffs auf die Betriebsrenten waren wir gemeinsam unterwegs und haben auch gemeinsam etwas Gutes erreicht.

2,1 Prozent mehr in diesem Jahr, 2,3 oder mindestens 75 Euro monatlich mehr im nächsten Jahr; dafür steigen die Beiträge der Altersversorgung. Ist das gut?
Ja. Materiell gesehen, ist das wirklich ein guter Abschluss. Sie dürfen nicht vergessen: Besonders der Mindestbeitrag wirkt auf die Tabellenentgelte. Davon profitieren sehr viele unserer Kolleginnen und Kollegen. Und er bringt Stabilität bei den Betriebsrenten, weil da in zehn Jahren erst wieder rangegangen werden kann.

Verfolgt man Kommentare und Diskussionen online, scheint das bei GEW-Mitgliedern anzukommen. Ich habe überwiegend Kritik daran gelesen, dass die GEW seit 2006 erfolglos für die Lehrereingruppierung kämpft. Wie groß sind die Probleme jetzt, die Mitglieder bei der Stange zu halten?
Ich hoffe sehr, dass die Kolleginnen und Kollegen, die in den Streiks auf die Straße gegangen sind, uns auch weiterhin die Treue halten. Wir müssen einfach weiter machen. Ob die Kolleginnen und Kollegen da bei der Stange bleiben, werden wir sehen. Würden wir aber sagen: Wenn das Besondere nicht kommt, dann ist das Allgemeine nichts mehr wert, hätten wir tarifpolitisch für den öffentlichen Dienst ein Problem.

Wie und wann geht es jetzt weiter?
Die Bundestarifkommission hat die politischen Gremien der GEW aufgefordert, einen Aktionsplan zu erarbeiten, wie das Thema Entgeltordnung für Lehrkräfte weiter verfolgt werden soll. Wir machen uns an die Arbeit und werden in den nächsten Wochen etwas zu Papier bringen. Ich gehe davon aus, dass es noch in diesem Schuljahr zu den nächsten Aktionen kommt.

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