Die wichtigste private Versicherung
Fragen & Antworten zur Berufsunfähigkeitsversicherung
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung registriert jährlich rund eine Million meldepflichtiger Arbeits- und Wegeunfälle. 2013 kam es davon in mehr als 20 000 Fällen zur erstmaligen Zahlung einer gesetzlichen Unfallrente, die bekanntlich erst bei einer erheblichen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gezahlt wird.
Hinzu kamen im selben Jahr mehr als 36 000 Betroffene, bei denen erstmals eine Berufskrankheit festgestellt wurde. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund beziehen derzeit rund 1,7 Millionen Versicherte in Deutschland eine Rente wegen sogenannter Erwerbsminderung. Allein im Jahr 2013 kamen knapp 177 000 Personen hinzu.
Was besagt der Begriff der Berufsunfähigkeit?
Im Allgemeinen wird mit der Berufsunfähigkeitsversicherung eine privatwirtschaftliche Versicherung bezeichnet. Allerdings gibt es den Begriff der Berufsunfähigkeit auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese greift jedoch nur noch für Personen, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind. Für alle anderen gilt heute ein sehr begrenzter Schutz im Rahmen der Erwerbsunfähigkeit.
Mit anderen Worten: Jeder Selbstständige, der nicht über Vermögen verfügt, und jeder Arbeitnehmer, der nach dem 1. Januar 1961 geboren wurde, benötigt eine Berufsunfähigkeitspolice. Vor 1961 geborene Arbeitnehmer haben bei der gesetzlichen Rentenversicherung unter Umständen noch Anspruch auf eine »Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit«.
Für Jüngere entfällt dieser gesetzliche Schutz komplett. Sie können nur noch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente erhalten, bei der lediglich die körperliche Leistungskraft, aber nicht mehr der ausgeübte Beruf berücksichtigt wird. Zur privaten Absicherung gegen Berufsunfähigkeit gibt es daher keine Alternative.
Wie lange sollte eine Berufsunfähigkeitspolice laufen?
Optimal ist ein Vertrag mit einer Laufzeit bis zum 67. Geburtstag, sagen Experten, denn da beginnt die Altersrente. Jedoch: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung wird mit höherer Laufzeit teurer - sogar exorbitant für die letzten Jahre.
Der Grund: Die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten ist in der Zeit unmittelbar vor der Rente altersbedingt besonders hoch. Das gilt vor allem für Berufe mit hohen physischen oder psychischen Belastungen, die mit zunehmenden Lebensjahren zu Verschleißerscheinungen führen - wie beispielsweise bei Krankenpflegern, Bauleuten oder Lehrern. Wer einen Vertrag hat, der nur bis Endalter 60 geht, muss im Ernstfall eventuell sieben Jahre bis zur Altersrente ohne Bezüge aus privater oder gesetzlicher Versicherung überbrücken. Deshalb gilt bei Vertragsabschluss: Die Laufzeit so lange wie möglich wählen - vorausgesetzt, es ist finanziell verkraftbar.
Wie hoch sollte die monatliche Rente sein?
Idealerweise zwei Drittel des letzten Nettoeinkommens, zumindest aber so hoch, dass bei Berufsunfähigkeit der Lebensunterhalt gesichert ist. Mehr als 75 oder 80 Prozent des Nettoeinkommens sind bei den meisten Gesellschaften ohnehin nicht versicherbar. Doch ähnlich wie bei der Laufzeit trifft auch für die Rentenhöhe zu, dass mit zunehmender Summe der Beitrag steigt.
Um Berufsunfähigkeitsschutz zu haben, der bezahlbar ist, bietet sich eine Police mit Nachversicherungsgarantie an: Versicherte können später zu vertraglich festgelegten Anlässen wie Hochzeit oder Geburt eines Kindes die Rente dem aktuellen Einkommen anpassen - ohne eine erneute Gesundheitsprüfung.
Was passiert bei Vorerkrankungen?
Es ist dringend zu empfehlen, die Gesundheitsfragen im Antrag wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Denn wenn eine Gesundheitseinschränkung vorliegt, ist ein Antragsteller verpflichtet, das Versicherungsunternehmen vor Vertragsabschluss darüber zu informieren. Ein Verschweigen kann dazu führen, dass die Gesellschaft die Rente verweigert.
Bei Vorerkrankungen wird die Krankengeschichte genau hinterfragt; besonders gründlich bei psychischen Leiden. Kein Wunder, gelten diese doch mittlerweile als häufigste Ursache, weshalb Erwerbstätige nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können.
Es ist möglich, dass der Vertrag dennoch problemlos zustande kommt, weil beispielsweise die Krankheit als ausgeheilt gilt. Wahrscheinlicher ist es, dass der Versicherer einen Risikozuschlag vorschlägt. In diesem Fall wird der monatliche Beitrag zwar teurer. Aber der Policeinhaber kann sicher sein, ohne Einschränkung über den vollen Versicherungsschutz zu verfügen. Der Versicherer kann auch einen Leistungsausschluss für bestimmte Krankheiten festlegen, die eventuell mit der Vorerkrankung im Zusammenhang stehen.
Was kostet eine Berufsunfähigkeitspolice?
Wesentlich für den Preis ist der ausgeübte Beruf: Je riskanter die Tätigkeit, desto teurer die Police. Ärzte und Kaufleute können sich relativ preisgünstig versichern, Schornsteinfeger, Gerüstbauer und selbst Künstler haben es da deutlich schwerer. Außerdem richtet sich der Beitrag - wie eingangs beschrieben - nach Rentenhöhe und Laufzeit sowie nach dem Eintrittsalter. Hinzu kommen die erwähnten Zuschläge bei gesundheitlichen Problemen.
Spiel das Geschlecht beim Abschluss der Police eine Rolle?
Das Geschlecht spielt mittlerweile keine Rolle mehr. Laut »Finanztest« können 30-jährige Diplomkaufleute, die bis zum 67. Lebensjahr eine Monatsrente von 2000 Euro versichern wollen, unter Angeboten mit jährlichen Nettobeiträgen zwischen 750 und 1800 Euro wählen. Für 25-jährige Industriemechaniker mit einer Rente von 1500 Euro und einer Laufzeit bis 60 gibt es Nettobeiträge zwischen rund 400 und gleichfalls rund 1800 Euro im Jahr.
Netto bedeutet mit Berücksichtigung der Überschüsse. Diese werden bei der Beitragsermittlung eingerechnet und senken in der Regel den Beitrag. Sie sind aber nicht garantiert, weshalb auch Bruttobeträge ausgewiesen werden müssen.
Unser Tipp: Antragsteller sollten also in jedem Fall mehrere Angebote einholen und daran denken, dass bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung die Qualität des Angebots ausschlaggebend ist. Mit dem Abschluss sollte man nicht zu lange warten. Je eher man einsteigt, desto günstiger der Schutz. Schon Azubis und Studenten sollten eine Police auswählen. Andreas Brate/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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