Nimm ein Ei mehr!

Das Ostergeschäft an der Stuttgarter Eierbörse verlief bisher »freundlich«

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Hühner in Deutschland legten im vergangenen Jahr insgesamt fast zwölf Milliarden(!) Eier. An dieser riesigen Zahl gemessen bietet die Eierbörse in Stuttgart eher Kleinvieh. Doch das macht bekanntlich auch Mist: Die »Stuttgarter Waren- und Produktenbörse« dürfte in diesem Jahr für die Preise von einigen hundert Millionen Stück verantwortlich zeichnen. Eier werden dort »notiert« wie Getreide oder Heizöl. Vor dem Osterfest, so versicherte eine Börsensprecherin am Mittwoch, war die Handelstendenz jedenfalls »freundlich«.

Fast täglich legt jedes Huhn ein Ei. 293 Eier waren es im Jahr 2014 im Durchschnitt, meldet das Statistische Bundesamt. Die Hühner unserer Großeltern schafften gerade mal 30 Stück. Soweit die Statistik. Tatsächlich hat das weibliche Federvieh - die männlichen Geschwister werden, da sie bekanntlich keine Eier legen, meist bereits als Küken geschreddert - schon nach einem halben Lebensjahr 80 Prozent seiner maximalen Legeleistung vollbracht. Nach dem Eierfest beginnt daher vielerorts das große Schlachten.

Nicht erfasst hat das Statistikamt bei seiner Zählung bäuerliche Betriebe mit weniger als 3000 »Hennenhaltungsplätzen«. Statistikern geht es nicht um Kleinvieh. Es sind also vor allem industrialisierte Zucht- und Mastbetriebe, die unsere Ostereier produzieren: Sortiert und verpackt gehen sie meist direkt an Discounter, Supermärkte und die Nahrungsmittelindustrie zur Herstellung von Fertiggerichten - oder auch von gefüllten Schoko-Eiern.

Doch neben solch meist langfristigen Lieferbeziehungen zwischen Produzent und Einzelhändler gibt es immer mal ein paar zehntausend Eier an einem Ort zu viel - und andernorts einige zehntausend Eier zu wenig. Angebot und Nachfrage in den gewünschten Einklang bringen dann Eiermakler wie die Firma Aka & Söhne. Dass die deutsche Nummer eins im niedersächsischen Spreda beheimatet ist, mag kein Zufall sein. Das flache Land zwischen den ostfriesischen Inseln und dem Harz ist Eierhochburg: Mehr als ein Drittel aller Legehennen »produzieren« hier.

Doch auch andernorts blüht das Ostergeschäft. An der Waren- und Produktenbörse in Stuttgart kostet das XL-Ei (»73 Gramm und mehr«) aus Freilandhaltung umgerechnet pro Stück 0,2075 Euro, ohne Mehrwertsteuer. XL-Eier aus Bodenhaltung sind um gut ein Cent billiger. Direkt gehandelt wird über die Börse nicht. Deren Einfluss ist weit größer: Der Auftrag lautet »Marktorientierung«.

Stuttgarts Eierbörse zählt zum Verbund des »Südwestdeutschen Warenbörsen e.V.«, zu der auch Börsen in Frankfurt am Main und Mannheim gehören. Rund 200 Firmen sind Mitglied, darunter große Agrar-Akteure wie die Südzucker AG, der Genossenschaftsverband Raiffeisen oder der Landesbauernverband Baden-Württemberg. Die gewählten Börsenvorstände versammeln sich in ihren Börsenlokalen am Montag in Mannheim, Dienstag in Stuttgart und am Donnerstag in Frankfurt-Flörsheim und stellen die Preise von Eiern, Getreide, Futtermittel und Heizöl »fest«. Diese »Notierungen« sind Leitpreise für die laufende Woche in Süddeutschland, an denen sich Groß- und Einzelhandel bei ihren kurzfristigen Deals orientieren. Nach den Ostertagen dürften die Eierpreise dann wieder fallen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!