IWF-Chefin: »Ja, ich habe mein Geld zurück«
Griechenland zahlt Kreditrate pünktlich zurück / Athen und Moskau wollen Gemeinschaftsfirmen gründen / CSU-Politiker nennt SYRIZA-Regierung »Vagabunden« / SPD-Europapolitiker Schulz: Athen nicht von gemeinsamer Linie abgewichen
Update 18 Uhr: Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat Griechenland die fristgemäße Rückzahlung eines Kredites bestätigt. »Ja, ich habe mein Geld zurück«, sagte Lagarde am Donnerstag in Washington. Weitere Details nannte sie nicht. Zuvor hatte die Regierung in Athen angegeben, wie gefordert rund 450 Millionen Euro an den IWF überwiesen zu haben.
Update 15.25 Uhr: Griechenland hat am Donnerstag die fristgerechte Überweisung einer Kreditrate von 459 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) bekannt gegeben. »Der Überweisungsauftrag ist erteilt worden«, sagte ein Vertreter des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur AFP in Athen. Regierungschef Alexis Tsipras sagte am zweiten Tag seines Moskau-Besuchs, er sei zuversichtlich, dass mit den Gläubigern ein »ehrenwerter Kompromiss« gefunden werde.
Update 13.05 Uhr: Griechenland verhandelt nach Angaben von Regierungschef Alexis Tsipras mit Russland über eine Beteiligung an geplanten Privatisierungen in dem EU-Land. Die beiden Staaten wollten dazu ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, sagte Tsipras am Donnerstag in Moskau. Entsprechende Verhandlungen hätten bereits am Mittwoch begonnen. Griechischen Medien zufolge interessieren sich russische Firmen etwa für eine Beteiligung am Hafen von Thessaloniki sowie an der Eisenbahn. Die Führung in Athen bietet Moskau auch an, Gasvorkommen vor der Küste auszubeuten. Tsipras zeigte sich optimistisch, dass Russland sein Embargo für Lebensmittel aus Griechenland lockern werde. Bei seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin am Vortag hätten beide einen Weg gefunden, die Probleme zu überwinden, sagte der Ministerpräsident.
Update 11.25 Uhr: Die konservative Athener Zeitung »Kathimerini« berichtet von einem Ultimatum der Kreditgeber an Athen, die die bisher noch umstrittene Liste mit den von den Gläubigern verlangten Reformmaßnahmen müsse vor dem 24. April fertig sein. Es liegt bereits eine solche Liste vor, diese findet aber nicht das Wohlwollen der Gläubiger. Der griechische Vertreter in der Eurogroup Working Group, Nikos Theocharakis, habe seinen Kollegen am Mittwoch gesagt, Athen habe noch Geld bis zum 24. April. Diese hätten ihm geantwortet, das Land solle endlich Reformvorhaben konkretisieren - nur dann würden sie den Euro-Finanzministern empfehlen, die Auszahlung zu genehmigen. Andere Regierungsvertreter erklärten dagegen am Donnerstag in Athen, Griechenland habe genug Geld bis Mai. Griechenlands Regierung will die Verhandlungen mit Experten der Kreditgeber über bis zum 24. April abschließen. Das erklärte Staatsminister Alekos Flambouraris am Donnerstag im griechischen Fernsehen. »Bei der Sitzung der Eurogruppe am 24. April wird es 100 Prozent eine Einigung geben«, sagte der enge Mitarbeiter des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras. An dem Tag kommen die Euro-Finanzminister zu einem schon länger geplanten Treffen im lettischen Riga zusammen. Die Finanz-Staatssekretäre der Eurogruppe beraten am Donnerstag in Brüssel über die griechischen Pläne. Die Kreditgeber blockieren bisher Auszahlungen aus dem laufenden Kreditprogramm in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro.
Update 9.50 Uhr: Griechenland wird am Donnerstag fristgemäß einen Kredit von gut 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen. »Keine Sorge. Das Geld ist da. Wir werden es heute überweisen«, hieß es.
Update 7.45 Uhr: Der linke Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke hat die Kritik von deutscher Seite am Moskau-Besuch von Alexis Tsipras zurückgewiesen. »Die Töne der deutschen Außenpolitik« gegenüber dem griechischen Premier Tsipras würden »immer schriller und bevormundender. Wo bisher der Zeigefinger erhoben wurde, wird jetzt der Rohrstock ausgepackt«, kritisierte Gehrcke. Er verteidigte den Antrittsbesuch von Tsipras als normalen Vorgang des diplomatischen Protokolls. »Dass und wie dieser Besuch in Europa sehr hoch gespielt wird, macht deutlich, wie weit sich die EU inzwischen von der politischen Normalität entfernt hat«, so Gehrcke. Dass Griechenland nicht mit Sanktionen gegen Russland sympathisiere, sei nicht neu. »Die europäische Idee fußt auch auf dem gegenseitigen Respekt. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung und die EU Respekt auch gegenüber Griechenland lernen«, so Gehrcke.
Update 7 Uhr: Der Chef der so genannten Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt, hat vor einer humanitären Katastrophe in Griechenland nach einem möglichen Ausscheiden des Landes aus der Euro-Zone gewarnt. »Die Folgen für das Land wären enorm, die Regierung spielt momentan wirklich mit dem Feuer«, sagte er der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«. Zugleich forderte Schmidt die Regierungen der Euroländer auf, nicht auf die Forderungen der griechischen Regierung einzugehen, die einen alternativen Kurs zur Lösung der Eurokrise einschlagen und die Kürzungsdiktate zugunsten einer sozialen und ökologischen Erneuerung augeben will. »Der schlechteste und teuerste Weg wäre es, den Forderungen aus Athen nachzugeben, um den Grexit um jeden Preis zu verhindern«, sagte Schmidt, »das können und dürfen die Mitgliedstaaten des Euro nicht zulassen.«
CSU-Politiker nennt SYRIZA-Regierung »Vagabunden«
Berlin. Vor dem Hintergrund des Besuchs des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Moskau reißt die Kritik von deutscher konservativer Seite nicht ab. Während die »Bild«-Zeitung dem SYRIZA-Politiker absprach, Europäer zu sein, und dem Premier vorwarf, die griechische Bevölkerung »zusammen mit den europäischen Werten« zu verkaufen, äußerten auch Unionspolitiker weitere Vorwürfe. Ähnliche Aufregung hatte man nicht vernommen, als deutsche Regierungsvertreter etwa dem Despotenregimen in Saudi-Arabien Aufwartung machten.
Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber nannte den Besuch von Tsipras in Russland wenig hilfreich. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des Bundestags, der CSU-Politiker Peter Ramsauer, kritisierte die Reise mit den Worten: »Zum finanziellen Vagabundentum kommt jetzt auch noch die außenpolitische Erpressung«, sagte er der »Passauer Neuen Presse«. Der frühere Bundesminister sagte weiter: Nach dem CSU-Grundsatz »Solidarität nur gegen Solidität« sei mit dem Moskau-Besuch von Tsipras nun die »letzte rote Linie überschritten«. Der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlaments, der CDU-PolitikerElmar Brok, sagte in der »Bild«-Zeitung, »Russland kann den Lebensstandard der Griechen nicht wiederherstellen. Das weiß auch die Mehrheit der griechischen Bevölkerung«.
Putin: Tsipras hat nicht um Geld gebeten
Griechische Agrargüter: Moskau könnte Einfuhrstopp lockern / Deutsche Politiker nennen Antrittsbesuch des griechischen Premiers bei Putin »Drohgebärde«: Athen kritisiert Bevormundung - der Newsblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Tsipras hatte bei seinem Besuch in Moskau keinen finanziellen Beistand angefragt. Der griechische Regierungschef wies Kritik von EU-Politikern an seiner Russland-Reise zurück. »Manche sollten aufhören, jede unserer Bewegungen in einer Art zu kommentieren, als wäre Griechenland eine Schuldenkolonie«, sagte er. Griechenland werde auch weiter versuchen, seine Probleme innerhalb Europas zu lösen. »Aber als souveräner Staat hat es das Recht, Abkommen mit Staaten außerhalb Europas zu schließen. Das trägt zur Stabilität bei - und ich glaube, das verstehen andere Staaten«, meinte Tsipras.
Im Zuge des Russland-Besuchs des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras haben die beiden Länder offenbar einen Weg gefunden, Griechenland vom russischen Einfuhrverbot für landwirtschaftliche Produkte aus der EU auszunehmen. Beide Länder könnten gemeinsame Unternehmen gründen, die Obst und Gemüse aus Griechenland nach Russland einführen, verlautete am Mittwochabend aus Regierungskreisen in Athen. Wegen der russischen Beteiligung an solchen Unternehmen würden ihre Einfuhren nicht als EU-Exporte betrachtet. Das Embargo hatte Moskau als Reaktion auf die EU-Sanktionen im Zuge der Ukraine-Krise verhängt. Tsipras sagte dazu am Mittwoch in Moskau, das Einfuhrverbot habe der griechischen Landwirtschaft eine große Wunde zugefügt.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bescheinigte Tsipras im Gegensatz zu »Bild« und Union, er sei bei seinem Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin nicht von der gemeinsamen EU-Linie gegenüber Russland abgewichen. »Bei allem Frohsinn zwischen Herrn Putin und Herrn Tsipras: Die Linie, die wir von ihm erwarten, hat er nicht verlassen«, sagte Schulz im ZDF. Das beruhige ihn. Tsipras müsse schließlich zwei Öffentlichkeiten bedienen: die in seinem eigenen Land und die in der EU.
Am Donnerstag wollte sich Tsipras unter anderem mit dem russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew treffen. An dem Tag steht für Griechenland zudem die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) an. Das Land besorgte sich aber kurzfristig frisches Geld am Kapitalmarkt. Agenturen/nd
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