Obama trifft Castro und Maduro
Historische Begegnungen beim Amerika-Gipfel / US-Präsident: »Ein historischer Moment« / Kubas Staatschef fordert ende von Wirtschafts- und Handelsembargo
Berlin. Mit einem historischen Treffen haben US-Präsident Barack Obama und Staatschef Raúl Castro am Samstag eine neue Ära in den Beziehungen der beiden Staaten eingeläutet. »Ich hatte eine offene und ergiebige Unterhaltung mit Raúl Castro«, sagte Obama nach der mehr als einstündigen Begegnung am Rande des Amerika-Gipfels in Panama-Stadt. Kurz vor seiner Abreise traf der US-Präsident auch erstmals Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro.
»Dies ist ein historischer Moment«, sagte Obama, als er mit Castro zu dem ersten offiziellen Treffen von Staatsoberhäuptern beider Länder seit 1956 zusammentraf. »Die Geschichte zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba ist kompliziert gewesen. Nach 50 Jahren gescheiterter Politik ist es nun an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren.« Kubas Staatschef sagte, beide Seiten müssten nun »viel Geduld« aufbringen. Kuba nahm erstmals an einem Gipfeltreffen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) teil.
Nach der Unterredung mit Castro äußerte sich Obama zuversichtlich über eine weitere Annäherung der beiden Staaten. »Wir konnten uns ehrlich über unsere Meinungsverschiedenheiten und Bedenken unterhalten.« Das Gespräch mache ihm Hoffnung, dass sich die US-kubanischen Beziehungen in eine »andere und bessere Richtung« entwickeln können. Er habe Castro aber gleichzeitig deutlich gemacht, »dass wir nicht aufhören werden, über Themen wie Demokratie, Menschenrechte sowie die Versammlungs- und Pressefreiheit zu sprechen«.
Zum Auftakt des Gipfeltreffens hatten sich Obama und Castro am Freitag zunächst per Handschlag begrüßt und kurz einige Worte gewechselt. Am Samstag schlugen die beiden Präsidenten dann in ihren Reden vor den Gipfelteilnehmern versöhnliche Töne an. Obama sagte, die geänderte Kuba-Politik Washingtons markiere einen »Wendepunkt« für den gesamten amerikanischen Kontinent. Es sei aber auch »kein Geheimnis, dass zwischen unseren beiden Ländern weiterhin bedeutende Unterschiede bestehen«.
Castro seinerseits forderte, die Frage des vor mehr als einem halben Jahrhundert verhängten Wirtschafts- und Handelsembargo der USA gegen den Karibikstaat müsse »gelöst werden«. Er begrüßte es als »positiven Schritt«, dass in Washington nun bald die Entscheidung über die Streichung Kubas von der Liste der Unterstützerstaaten des Terrorismus fallen werde. Er hoffe nun auf eine »zivilisierte Koexistenz« beider Länder.
Nach Angaben eines US-Regierungsvertreters will der US-Präsident »in den kommenden Tagen« entscheiden, ob Kuba von der US-Terrorliste gestrichen wird. Die beiden Präsidenten hätten sich außerdem darauf geeinigt, die geplante Wiedereröffnung der Botschaften in Washington und Havanna voranzutreiben. Die USA und Kuba hatten im Dezember 2014 nach anderthalbjährigen Geheimverhandlungen eine grundlegende Neuausrichtung ihrer Beziehungen bekannt gegeben, um die jahrzehntelange Konfrontation aus den Zeiten des Kalten Krieges zu überwinden. Seit Beginn der bilateralen Verhandlungen im Januar traten bereits eine Reihe von Reise- und Handelserleichterungen in Kraft. Das US-Wirtschaftsembargo gegen Kuba besteht seit 1962.
Obama nutzte den zweitägigen Amerika-Gipfel auch, um die Wogen im Streit mit Kubas Verbündetem Venezuela zu glätten. Erstmals seit dessen Amtsantritt vor zwei Jahren traf der US-Präsident seinen venezolanischen Kollegen Nicolás Maduro. Die Begegnung dauerte allerdings nur wenige Minuten. Obama habe deutlich gemacht, dass Washington das südamerikanische Land nicht bedrohen wolle, »sondern die Demokratie, die Stabilität und den Wohlstand in Venezuela und der Region unterstützen will«, sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses.
Bei dem Gipfeltreffen in Panama hatte Maduro den US-Präsidenten zuvor aufgerufen, die gegen sein Land verhängten Sanktionen aufzuheben. Das Verhältnis zwischen den USA und Venezuela ist seit Jahren angespannt. Anfang März ließ Obama sieben ranghohe venezolanische Funktionäre, die an der Unterdrückung der Opposition beteiligt sein sollen, auf die US-Sanktionsliste setzen. Maduro wirft Washington vor, die regierungsfeindlichen Proteste in Venezuela zu fördern und seinen Sturz zu betreiben. AFP/nd
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