Ausgegrenzt statt ausgebildet
Grit Gernhardt über fehlende Lehrstellen und beratungsresistente Unternehmen
20 000 ausbildungswillige Jugendliche bekamen im vergangenen Ausbildungsjahr keine Stelle, gleichzeitig meldeten die Betriebe fast doppelt so viele freie Lehrstellen. Was in der Theorie nach einer ganz einfachen Rechnung klingt, ist in der Realität ungleich komplizierter. Denn Schulabgänger suchen nicht immer nach genau den Berufen, die bei den Betrieben noch frei wären. Doch wesentlich bedeutsamer ist das teilweise diskriminierende Auslesesystem der Firmen. Viele geben nur den besten Schulabgängern eine Chance - Hauptschüler brauchen ihre Bewerbungsunterlagen oft gar nicht erst loszuschicken.
Was aus unternehmerischer Sicht zunächst wie eine kluge Entscheidung aussehen mag, ist langfristig gesehen volkswirtschaftlich und bildungspolitisch eine Katastrophe: Gegen den drohenden Fachkräftemangel helfen nur gut ausgebildete Beschäftigte, gegen leer stehende Ausbildungsplätze nur motivierte Lehrlinge, denen erfahrene Ausbilder zur Seite stehen und - wenn nötig - weitere Hilfen gewährt werden. Das ist eine elementare Aufgabe der Wirtschaft, die vom Staat zwar unterstützt, aber nicht allein übernommen werden sollte. Solange sich die Unternehmen dieser Erkenntnis verweigern, bleibt alles Lamentieren über die vermeintlich schlecht ausgebildete und nicht ausbildungsfähige Jugend von heute purer Zynismus.
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