Keine deutliche Verbesserung

Bundesregierung will Freibetrag für Alleinerziehende um 600 Euro anheben

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 20 Prozent aller Familien bestehen mittlerweile aus Alleinerziehenden und ihren Kindern. Doch noch sind sie steuerlich schlechter gestellt als Ehepaare.

Für Solveig Schuster sind die jüngsten familienpolitischen Pläne der Bundesregierung ein »längst überfälliger« Schritt in die richtige Richtung. »Es wird aber keine deutliche Verbesserung für die Alleinerziehende sein«, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). Der rund 9000 Mitglieder starke Verein setzt sich seit 1967 für die Rechte alleinerziehender Eltern hierzulande ein. Schuster steht mit ihrer Kritik an der schwarz-roten Koalition nicht allein da. Auch die Linksfraktion im Bundestag fordert mehr.

Am Donnerstag hatten sich die Fraktionsspitzen von Union und SPD auf ihrer Klausurtagung in Göttingen darauf verständigt, Alleinerziehende steuerlich besser zu stellen. »Alleinerziehende Erwerbstätige leisten enorm viel«, schreibt die Koalition in ihrer Erklärung. »Diese besondere Lebenssituation wollen wir besser berücksichtigen und die Alleinerziehenden gezielt unterstützten.« Konkret soll der Steuerfreibetrag für Alleinerziehende rückwirkend zum 1. Januar 2015 auf 1908 Euro angehoben werden. Seit seiner Einführung Anfang 2004 beträgt dieser unverändert 1308 Euro.

Dies klingt erst mal nach viel Geld, doch bleibt davon netto nicht viel übrig. Eine alleinstehende Mutter oder ein alleinstehender Vater mit einem Bruttogehalt von 36 000 Euro hätte damit 179 Euro im Jahr mehr. Bei einem Gehalt von 18 000 Euro sind es insgesamt sogar nur 132 Euro - also elf Euro mehr im Monat. »Dass sich die Regierungskoalition für ihr gestriges Verhandlungsergebnis bei der Steuerentlastung von Alleinerziehenden dermaßen auf die Schulter klopft, kann eigentlich nur dadurch erklärt werden, dass sie ansonsten in der Familienpolitik überhaupt nichts erreicht«, kommentierte die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, das Vorhaben der Bundesregierung.

Besonders deutlich wird dies, wenn man die Vergünstigungen Alleinerziehender, die ansonsten wie Singles besteuert werden, mit denen von Ehepaaren vergleicht. Gutverdienende Verheiratete können nach Angaben des VAMV durch das Ehegattensplitting bis zu 15 000 Euro sparen - egal ob sie Kinder haben oder nicht.

Der Single-Elternverein fordert deshalb die Anhebung des Entlastungsbetrags auf die Höhe des Grundfreibetrags von derzeit 8354 Euro sowie die Abschaffung des Splittings. Schließlich ist diese Begünstigung von Ehepaaren Schuster zufolge »nicht mehr zeitgemäß«. Denn die Gruppe der Alleinerziehenden ist in den letzten Jahren so stark gewachsen wie keine andere Familienform. Mittlerweile bestehen hierzulande 20 Prozent aller Familien aus nur noch einem Elternteil und dessen Kindern. In neun von zehn Fällen betrifft das alleinstehende Mütter.

Und von denen werden bei weitem nicht alle von den geplanten Steuervergünstigungen profitieren. »Der Großteil der Alleinerziehenden bezieht Kindergeld«, sagt VAMV-Expertin Schuster. Der Kinderfreibetrag rentiert sich nämlich für alleinstehende Eltern erst ab einem Bruttoeinkommen von rund 33 000 Euro pro Jahr. Bei einem niedrigeren Gehalt sind Single-Mütter und -Väter mit dem Kindergeld besser gestellt. Und die Personengruppe verdient meist nicht viel Geld: 80 Prozent von ihnen stehen weniger als das mittlere Einkommen der Familien zur Verfügung und fast 40 Prozent sind auf Sozialleistungen wie ALG II angewiesen.

»Unterstützt werden also wieder einmal die Besserverdienenden«, sagt LINKE-Politikerin Möhring. Der Blick müsse in diesem Punkt von der Steuer- auf die Sozialpolitik gelenkt werden. »Wir brauchen einen Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voranzubringen«, meint die Bundestagsabgeordnete.

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