GDL streikt wieder: Bahnangebot »ist nichts wert«
Arbeitsniederlegungen schon kommende Woche / Gewerkschaft wirft DB-Konzern »Hinhaltetaktik und nebulöse Ankündigungen« vor / Unternehmen spricht von »völlig unverständlicher Reaktion«
Berlin. Bei der Bahn wird wohl schon kommende Woche wieder gestreikt. »Ich gehe davon aus, dass wir sehr zeitnah in die Arbeitskämpfe eintreten werden«, kündigte GDL-Chef Claus Weselsky in einem Gespräch mit »tagesschau24« an. Die Gewerkschaft hatte am Freitag ihrerseits die Verhandlungen mit dem Konzern für gescheitert erklärt. »Hinhaltetaktik und nebulöse Ankündigungen« auf Seiten des Konzerns hätten ein erneutes Scheitern der Verhandlungen verschuldet. Der Konzern wolle »die Spaltung der Lokomotivführer mit aller Macht aufrechterhalten und versucht die GDL zu zwingen, die Lokrangierführer als billigen Jakob im Tarifvertrag zu verankern«, so Weselsky.
Die GDL strebt für ihre sämtlichen Mitglieder im Zugpersonal eigene Tarifverträge an. Bislang hatte die Spartengewerkschaft nur für Lokführer Abschlüsse vereinbart. Die GDL verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche. Die Verhandlung am Freitag sei am Knackpunkt der Rangier-Lokführer gescheitert, die von der Bahn niedriger eingestuft werden sollten als ihre Kollegen auf der Strecke.
»Was heute auf dem Tisch ist, ist nichts wert, weil alles wieder zurückgenommen werden kann«, sagte der GDL-Chef nach der 16. Verhandlungsrunde. Die Bahn habe »Champagner für den Vorstand und trocken Brot für das Zugpersonal« angeboten. Weselsky sprach von einer Provokation, weil die Bahn zuvor von einer Annäherung gesprochen hatte.
Der Bahn-Konzern sprach dagegen von einer »völlig unverständlichen Reaktion«. Man habe »bezogen auf den Flächentarifvertrag das Kernanliegen der GDL erfüllt«, sagte eine Sprecherin, und verwies auf einen »einen Konsens in vielen Punkten«. Die Deutsche Bahn verhandelt parallel mit der GDL und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Beide Gewerkschaften wollen Tarifabschlüsse für alle ihre Mitglieder erreichen. Der Konzern will dabei jedoch unterschiedliche Ergebnisse für ein und dieselbe Berufsgruppe verhindern. Die für den 27. April geplante Verhandlungsrunde in Frankfurt ist nach der GDL-Erklärung nun hinfällig.
»Weil der DB-Vorstand beim Tarifabschluss mit der GDL streikt, müssen die GDL-Mitglieder erneut für bessere Arbeitszeiten, höheres Entgelt und Belastungssenkung in den Arbeitskampf ziehen«, so Gewerkschafter Weselsky. Schon vor dem Freitag hatte dieser erklärt, »entweder wir erzielen ein Zwischenergebnis, das schriftlich fixiert, einen Fortschritt beinhaltet, oder wir gehen wieder in den Arbeitskampf«. Überraschend kommt die Ansage der Gewerkschaft also nicht.
DB-Personalvorstand Ulrich Weber erklärte allerdings, die GDL steige »einen Meter vor der Ziellinie aus. Das ist angesichts des Verhandlungsstandes unerklärlich«. Ein »Paket mit Lösungen und guten Vorschlägen« habe auf dem Tisch gelegen. Das sieht die Gewerkschaft offenbar anders. Die GDL hat in dem Konflikt um die Arbeitsbedingungen des Zugpersonals im vergangenen Jahr bereits viermal ihre Mitglieder zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen und den Bahnverkehr in Deutschland in großen Teilen lahmgelegt. Insgesamt ist es der siebte Streit in diesem Tarifkampf.
Die Fahrgastvereinigung »Pro Bahn« kritisierte die erneute Streikankündigung durch die GDL scharf. »So langsam haben die Fahrgäste kein Verständnis mehr«, sagte Vorstandsmitglied Karl-Peter Naumann dem »Tagesspiegel«. »Mit solchen Aktionen schadet GDL-Chef Weselsky den Gewerkschaften mehr als er den Arbeitnehmern nutzt.« Naumann betonte aber zugleich, der GDL-Chef stehe unter erheblichem Druck, eine Tarifeinigung mit der Bahn noch vor der Verabschiedung des Tarifeinheitsgesetzes durchzusetzen. »Das ist seine letzte Chance«, sagte Naumann dem »Tagesspiegel«.
Im Sommer könnten die Karten neu gemischt werden, wenn das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Tarifeinheit in Kraft tritt und pro Betrieb nur noch eine Gewerkschaft den maßgeblichen Tarifvertrag abschließen kann. Die GDL hat dagegen bereits Verfassungsbeschwerde angekündigt und der Bahn immer wieder eine Verzögerungstaktik vorgeworfen. Agenturen/nd
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