Meditation so gut wie Medikament
Studie der Universität Oxford bescheinigt einer Therapie der veränderten Wahrnehmung Erfolg gegen Depressionen
Paris. Eine Art Meditation schützt Patienten vor einem Rückfall in eine Depression so gut wie herkömmliche Arzneien. Zu diesem Schluss kommt eine großangelegte Vergleichsstudie mit 424 Teilnehmern, die am Dienstag im britischen Fachmagazin »The Lancet« veröffentlicht wurde.
Während des zweijährigen Versuchs bekam die eine Hälfte der Probanden, die in der Vergangenheit unter Depressionen gelitten hatten, Antidepressiva. Die andere Hälfte wurde mit der sogenannten achtsamkeitsbasierten kognitiven Therapie behandelt, die man nach ihrer englischen Bezeichnung Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) nennt. Dabei werden Patienten darin geschult, negative Gedanken und Gefühle zu erkennen, zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen, anstatt in neue Depressionen abzugleiten.
Bei dem Versuch nahmen die Teilnehmer in Großbritannien an acht Gruppensitzungen teil und mussten zudem jeden Tag Übungen zu Hause machen. Außerdem wurden in den folgenden Monaten vier weitere Sitzungen angeboten. Über zwei Jahre wurden alle Versuchsteilnehmer regelmäßig befragt, um ihren Gemütszustand zu erfahren. Der Studie zufolge gab es bei den Patienten, die sich der meditativen Therapie unterzogen hatten, eine Rückfallrate von 44 Prozent. Bei den mit Antidepressiva behandelten Versuchsteilnehmern lag die Rückfallrate bei 47 Prozent. Die Therapie sei eine »neue Alternative für Millionen von Menschen«, erklärte Studienleiter Willem Kuyken von der Universität Oxford. Seinen Angaben zufolge werden ohne jede Behandlung vier von fünf Depressionspatienten rückfällig. Der Psychologe Roger Mulder von der Otago-Universität im neuseeländischen Christchurch erklärte in einem unabhängigen Kommentar zu der Studie, die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie sei eine »wirksame Alternative« für Patienten, die Antidepressiva nicht vertragen. Antidepressiva können Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit und Verstopfungen haben. »Wir haben eine vielversprechende neue Behandlungsmethode, die relativ günstig ist und bei einem großen Teil der Menschen mit Depressionsrisiko angewandt werden kann«, schrieb Mulder.
An einer behandlungsbedürftigen Depression sind nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe derzeit vier Millionen Menschen erkrankt. Das Leiden verläuft meist in Form von Krankheitsphasen (Episoden), die Wochen, Monate und mitunter auch Jahre anhalten können. Wenn sie unbehandelt bleiben, können die Krankheitsphasen rezidivierend sein, d.h. erneut auftreten. In manchen Fällen können sie auch einen chronischen Verlauf nehmen.
Insgesamt entfielen 2014 knapp 17 Prozent aller Ausfalltage auf Depressionen, Angststörungen und andere psychische Leiden, fand die Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK) in einer Untersuchung heraus. Das ist ein Anstieg um knapp zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nach Kassenanalyse rangieren diese Diagnosen damit erstmals auf Platz zwei der Fehltage-Statistik. Nur Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems wie Rückenschmerzen sorgten 2014 für noch mehr Ausfalltage. AFP/nd
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