Kein Abnicker

PERSONALIE: Marco Bülow

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

»Eine solche Speicherung verstößt gegen die Grundrechte.« Anders als sein Parteikollege Heiko Maas, von dem dieses Zitat stammt, fühlt sich Marco Bülow immer noch an sein Nein zur Vorratsdatenspeicherung gebunden. Das ist für einen SPD-Politiker nichts besonderes. Für einen SPD-Bundestagsabgeordneten hingegen schon.

Es ist nicht das erste Mal, dass Bülow diese Sache mit der Verantwortung vor dem Gewissen ernst nimmt. 1971 geboren, wurde Bülow in der »Herzkammer« der SPD (Herbert Wehner) politisch aktiv: Dortmund. Zwischen Proletariat und Strukturwandel durchlief er dort den üblichen Weg sozialdemokratischer Sozialisation: Asta, Jusos, Kreisverband. 2002 schaffte er den Einzug in den Bundestag und setzte sich dort für Themen ein, die einem jungen Abgeordneten nicht unbedingt den Aufstieg auf der Karriereleiter erleichtern: Transparenz von Regierungshandeln und Einflussnahme von Lobbyverbänden. 2013 wandte sich Bülow gegen die Bildung einer Großen Koalition. Als einziger Abgeordneter seiner Fraktion. Vier Seiten umfasste das Schreiben, in dem er begründete, warum er den Koalitionsvertrag ablehne. Auf Twitter kürzte er es auf 89 Zeichen zusammen: »das kannste schon so machen, aber dann isses halt Kacke.« Sein Gegenvorschlag für die SPD: »rot pur«.

»Ich werde deshalb meine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion dazu auffordern, dem Gesetz der Regierung nicht zuzustimmen«. Mit diesen Worten wandte sich Bülow an diesem Dienstag erneut gegen seine Fraktion. Mindestens 188 von 193 SPD-Abgeordneten müssten es ihm gleichtun, um die Vorratsdatenspeicherung zu Fall zubringen. Warum es dazu nicht kommen wird, obwohl viele von ihnen noch vor kurzem vehement gegen das Gesetz argumentierten, kann man unter anderem in dem Buch »Wir Abnicker« nachlesen. Aus eigener Erfahrung legt dort ein Insider des Berliner Polit-Betriebs die Mechanismen offen, die Politiker dazu bringen, Ideale gegen Pragmatismus zu tauschen. Der Autor des Buches: Marco Bülow.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.