Entschädigung für Griechenland: Linksfraktion stellt Anträge

Drei Initiativen im Bundestag eingereicht: Berlin soll Verhandlungen über Reparationen für NS-Besatzung aufnehmen und Zwangsanleihe von 1942 zurückzahlen / Altkanzler Schmidt: Nein in Berlin »kann nicht lange aufrechterhalten werden«

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 4 Min.

Update 16.35 Uhr: Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) hält die Reparationsforderungen Griechenlands für nicht unberechtigt. »Die bisherige Haltung der deutschen Bundesregierung zu diesem Problem kann nicht lange aufrechterhalten werden«, sagte der 96-Jährige in der ARD-Sendung »Menschen bei Maischberger«, die am Dienstagabend ausgestrahlt werden sollte. »Die offizielle deutsche Haltung, dass es historisch und juristisch geklärt sei, ist in Wirklichkeit ohne Beteiligung der Griechen geklärt.« Es sei unausweichlich, dass man den Griechen entgegenkomme. Griechenland hat die Summe der Reparationen vorläufig auf 278,7 Milliarden Euro berechnet. dpa/nd

Entschädigung für Griechenland: Linksfraktion stellt Anträge

Berlin. Bislang hat die Bundesregierung jede Forderung nach Reparationen für Griechenland kompromisslos abgeschmettert. Nun kommt die Frage zumindest auf die Tagesordnung des Parlaments. Die Linksfraktion im Bundestag setzt sich mit mehreren Initiativen für eine Entschädigung Griechenlands für das durch die Nazi-Besatzer erlittene Unrecht ein.

In einem der Anträge wird eine Entschädigung für Opfer deutscher Besatzungsverbrechen gefordert. Es sei »höchste Zeit, dass die Bundesregierung mit der griechischen Regierung faire Verhandlungen über die ausstehenden Entschädigungszahlungen für die Überlebenden des NS-Terrors und die Hinterbliebenen der Ermordeten führt«, heißt es darin unter anderem. Ziel solle ein Abkommen sein, »das Regelungen über Empfängerkreis und Höhe der Entschädigung enthält«.

In die Gespräche sollen nach dem Willen der Linksfraktion auch Vertreter von Opferorganisationen einbezogen werden. Zudem soll das Parlament die Bundesregierung auffordern, sich nicht länger der Vollstreckung von Urteilen griechischer und italienischer Gerichte zu verweigern, die Entschädigungsansprüche griechischer NS-Opfer bestätigt hatten – etwa wegen des Massakers von Distomo. Der Oberste Gerichtshof Griechenlands hatte im Jahr 2000 ein Urteil bestätigt, mit dem Deutschland zur zahlung von 28 Millionen Euro an die Überlebenden verurteilt worden war. »Alle seither amtierenden Bundesregierungen haben jedoch die Anerkennung dieses Urteils verweigert. Entschädigungen wurden nicht bezahlt«, heißt es in dem Antrag der Linksfraktion.

Die Bundesrepublik hatte Griechenland Anfang der 1960er Jahre mit 115 Millionen D-Mark abgespeist. Angesichts der Gräueltaten und Zerstörungen der Nazis liege es auf der Hand, so die Linksfraktion, »dass diese Summe nur als geringfügige Abschlagszahlung auf die von Deutschland zu leistenden Entschädigungen betrachtet werden kann«.

In einem weiteren Antrag wird »Entschädigung den Raub- und Vernichtungskrieg in Griechenland« verlangt. Die Bundesrepublik stehe »weiterhin in der Pflicht, die von den deutschen Besatzern in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges verübten Zerstörungen von Sachwerten, Infrastruktur und Staatsvermögen zu entschädigen«, heißt es darin mit Blick auf die systematische Ausplünderung durch die Nazi während der deutschen Besatzung von 1941 bis 1944. »Vorsichtige Schätzungen der zugefügten Schäden in heutigem Wert belaufen sich auf dreistellige Euro-Milliardenbeträge«, so die Linksfraktion. Die Bundesregierung solle aufgefordert werden, »mit der griechischen Regierung in Verhandlungen mit dem Ziel eines Abkommens zu treten, das Regelungen über die Höhe der Reparationen enthält«.

Immer wieder hatten Vertreter Berlins dies jedoch abgelehnt. Die Frage der Reparationen sei abschließend geregelt, lautet die Standardantwort deutscher Regierungsstellen. Dies sehen eine Reihe von Experten jedoch völlig anders. Auch hatten griechische Regierungen immer wieder darauf gepocht, dass eine abschließende Regelung der Reparationsfrage noch nicht erfolgt sei.

Mit einem dritten Antrag schließlich will die Linksfraktion erreichen, dass die Bundesregierung »eine Pflicht zur Rückzahlung« der 1942 von den deutschen Besatzern der griechischen Nationalbank abgepressten Zwangsanleihe bekundet. Ziel solle vor der Rückzahlung die einvernehmliche Klärung der Methoden sein, »mit denen der heutige Wert der Anleihe unter Einbeziehung von Zins- und Zinseszinsen zu berechnen ist«.

Bei Kriegsende hatten die deutschen Verbindlichkeiten noch 476 Millionen Reichsmark betragen. »Dieses Darlehen hat Deutschland bis zum heutigen Tag nicht zurückgezahlt, obwohl es die vertraglichen Verpflichtungen des Deutschen Reiches übernommen hat«, so die Linksfraktion. Der Bundestag solle der Auffassung zustimmen, »dass die Bundesrepublik Deutschland die Anleihe nicht behalten darf. Das gebietet insbesondere die politische und moralische Verpflichtung Deutschlands, die aus den Verbrechen des sogenannten Dritten Reiches entstanden ist«, heißt es in dem Antrag der Linken.

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