Portugals Medien wollen keinen Knebel

Umstrittenes Zensurgesetz gekippt

  • Heinz Krieger
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Entwurf für ein neues Gesetz über Wahlkampfberichterstattung hat Portugal in eine Debatte über die Pressefreiheit gestürzt. Die Medien wehren sich dagegen, ihre Planung bis hin zu künftigen Interviews vorher anmelden zu müssen.

Valencia. Die Aufregung war groß in Portugal. Vehement setzten sich die Medien zur Wehr gegen Eingriffe in die Pressefreiheit, Vorabzensur der Berichterstattung über den Wahlkampf. Von einem »lei da censura« war die Rede, einem Zensurgesetz. Mit Ausnahme der Kommunistischen Partei hatten sich alle anderen Parteien darauf geeinigt. In dieser Woche schon sollte der Gesetzentwurf im Parlament eingebracht werden. Doch nach drei Tagen wurde die Notbremse gezogen. »Die Parteiführer töten das Zensurgesetz« titelte Portugals auflagenstärkste Boulevardzeitung »Correio da Manha« am Samstag.

Ende der Pressefreiheit befürchtet

Ausgelöst wurde die noch immer andauernde Debatte durch einen Zeitungsbericht im Nachbarland Spanien. Die Tageszeitung »El País« hatte anlässlich des 41. Jahrestags der Nelkenrevolution am 25. April, die Portugal die Demokratie gebracht hat, über die geplante Pressezensur berichtet. 40 Jahre lang habe es Meinungsfreiheit in Portugal gegeben, aber es sei fraglich, ob es sie 41 Jahre geben werde, schrieb das Blatt. Die portugiesischen Medien griffen das Thema erst danach groß auf. Chefredakteure von Sendern und Zeitungen erarbeiteten eine gemeinsame Stellungnahme, die sie auch Staatspräsident Anibal Cavaco Silva übergaben. »Für die Pressefreiheit« ist das Papier überschrieben.

Strafen bis 50.000 Euro

Was die Medienmacher besonders erboste, war zum einen, dass der Entwurf von den Parteien der Regierungskoalition aus konservativ-liberaler PSD und rechter CDS gemeinsam mit den oppositionellen Sozialisten (PS) erarbeitet worden war. Zum anderen regte man sich zu Recht über die geplante Regelung auf, dass schon jetzt alle Medien ihre Planung für die Wahlkampfberichterstattung und auch den Vorwahlkampf vorlegen sollten. Selbst beabsichtigte Interviews sollten aufgeführt werden, obwohl derzeit noch nicht einmal die Kandidaten für die Wahl im September benannt sind. Darüber sollte eine Kommission aus der schon seit 2006 bestehenden Regulierungsbehörde für die Medien ERC und der nationalen Wahlkommission CNE befinden. Der Entwurf sah auch Geldstrafen bis 50.000 Euro für Regelbrecher vor. Bei der ERC müssen schon heute Sendepläne der Fernsehanstalten 48 Stunden vor Ausstrahlung vorgelegt werden.

Parteichefs ziehen Notbremse

Dass man mit dem geplanten Gesetz wohl voll daneben lag, erkannten Ministerpräsident Pedro Passos Coelho und der sozialistische Oppositionschef Antonio Costa rasch. Beide reagierten auf die Proteste und erklärten den Gesetzentwurf für tot. »Niemals werden wir Sozialisten einem Entwurf zustimmen, der die Informationsfreiheit einschränkt«, sagte Costas. Und Premier Passos Coelho äußerte die Hoffnung, dass man sich in der Assembleia da Republica, dem Parlament, auf eine einvernehmliche Fassung einigen werde.

Es sei nie um Zensur oder Vorabzensur gegangen, versicherte die sozialistische Abgeordnete Inês de Medeiros. Vielmehr gehe es um eine »Art Redaktionsstatut« für die Wahlkampfberichterstattung. »Niemals würden wir einem Vorschlag zustimmen oder uns daran beteiligen, der die Pressefreiheit einschränkt oder Planungen von Genehmigungen abhängig macht.« Eigentlich gehe es mehr um eine »Pflicht zur Berichterstattung«.

Rechts und ganz rechts bleiben zusammen

Themen wie die beginnende Kandidatenaufstellung in den Parteien oder Wahlbündnisse für den September treten derzeit alle hinter die Debatte um die Ausgestaltung des Informationsgesetzes zurück. So wollen die beiden derzeit in Lissabon regierenden Parteien mit einer gemeinsamen Wahlliste antreten. Darauf haben sich Regierungschef Pedro Passos Coelho von der konservativ-liberalen PSD und sein Vize Paulo Portas von der rechten CDS verständigt.

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