Überwacht die Polizei!

Oliver Höfinghoff über den Einsatz von Bodycams für Beamte

  • Oliver Höfinghoff
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Polizei ist eine ganz besondere Einrichtung in jedem Land der Welt. Mit dem Gewaltmonopol des Staates ausgestattet, soll sie »Recht und Ordnung« durchsetzen und darf dabei Dinge tun, die allen anderen verboten sind. Sie darf Menschen einsperren, Gewalt anwenden, die persönlichen Sachen von Menschen kontrollieren und hat dabei auch noch einen besonders kurzen Draht zu Gerichten und Staatsanwaltschaften. Aussagen von Polizisten wird oftmals vor Gericht ein höheres Gewicht eingeräumt, als »Normalbürgern«.

Aber was, wenn Polizisten ihre Macht missbrauchen? Was, wenn ein Polizist Gewalt anwendet obwohl er es eigentlich nicht dürfte oder jemanden beleidigt? Gemäß der Rechtstaatlichkeit von polizeilichen Maßnahmen steht es jeder Person frei, die sich von Polizisten unrecht behandelt zu fühlen, sich zu beschweren oder selbst Strafanzeige zu erstatten. Für Menschen, die das tun scheint sich das eher ungünstig auszuwirken. Wer Opfer von Polizeigewalt wird und das anzeigt, muss meist sehr schnell mit einer Gegenanzeige des entsprechenden Beamten rechnen. Oft findet sich auch sehr schnell ein Kollege, der die Aussage des Polizisten bestätigt.

Zur Person

Oliver Höfinghoff ist parteiloses Mitglied der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Er ist Sprecher für Wohnen und Antifaschistische Aktionen. Sein Beitrag ist eine Antwort auf einen Kommentar von Roberto J. De Lapuente im Blog Der Heppenheim Hiob, wo dieser den Einsatz von Bodycams als falsch bezeichnet, da diese nur eine Scheinlösung darstellen würden. 

Das Problem in vielen dieser Fälle: Auch Polizisten lügen. Nicht alle, nicht immer, aber eben doch genügend um eine Anzeige gegen einen Polizeibeamten nahezu aussichtslos erscheinen zu lassen. Nur sehr selten wird eine solche Anzeige verfolgt, meist werden die Ermittlungen eingestellt. Das liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an der durchgehenden Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen, sondern daran, dass Polizisten sich oft gegenseitig decken, dem sogenannten Corpsgeist entsprechend. Denn wenn ich meine Kollegen schütze, tun die das wahrscheinlich für mich auch.

Weil die Polizeibeamten mit all diesen Sonderbefugnissen ausgestattet sind und weil die Kollegen sich in der Regel gegenseitig schützen, scheint eine komplette umfassende Überwachung der Beamten die einzige Möglichkeit zu sein, der Willkür mancher Polizisten Herr zu werden.

Eine Studie der Polizei im kalifornischen Rialto ergab, dass die Beschwerden gegen Polizisten mit Bodycams um 50-60 Prozent zurückgingen. Nicht etwa, weil die betroffenen Bürger durch die Kameras eingeschüchtert würden, sondern weil das Verhalten der überwachten Polizisten weniger Grund zu Beschwerden gab, wenn die Kameras permanent eingeschaltet sind und nicht durch die Polizisten gesteuert werden können. Um die Bodycams sinnvoll einsetzen zu können, muss eine unabhängige Beschwerdestelle nach einer Anzeige oder Beschwerde gegen einen Beamten, allein Zugriff auf die Daten haben. Notfalls können die Bilder der Bodycams ja die notwendigen Beweise liefern. Aus den Bildern kann man zwar keine kinotauglichen Filme produzieren, aber für einen Gerichtsbeweis reicht es für gewöhnlich.

Der Effekt, den wir in der Öffentlichkeit ablehnen, dass Überwachung zu weniger Freiheit im Verhalten des Einzelnen führt, ist der selbe, den wir bei der Polizei bewirken sollten. Polizisten haben so viele Privilegien und Befugnisse, dass sie stärker kontrolliert werden müssen, wenn sie sich im Dienst befinden. Es darf nicht der selbe Maßstab an Polizisten wie an Privatpersonen angelegt werden, weil die Grundvoraussetzungen beider Gruppen eben auch grundverschieden sind.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.