Das Geschäft mit dem höchsten Berg der Welt

Nepal steht vor der Frage, wann es wieder Bergsteigertouren zulassen soll

  • Frederic Spohr und Mathias Peer
  • Lesedauer: 3 Min.
Touren um den Mount Everest sind eine wichtige Einnahmequelle für Nepal. Doch das Erdbeben hat die Route stark beschädigt, ein Aufstieg scheint kaum möglich. Die Behörden wollen die Strecke dennoch nicht sperren.

Bangkok. Selbst wenn die Kletterer wollten, es geht wohl einfach nicht: Die Saison am höchsten Berg der Welt ist so gut wie beendet. Die Route könne in den wenigen Wochen bis zum Saisonende nicht repariert werden, teilten einheimische Bergführer vom Volk der Sherpas mit. Zu viele Lawinen hätten nach dem Erdbeben den Weg zum Gipfel versperrt.

Damit ist der Traum vieler Alpinisten zumindest für dieses Jahr geplatzt - und Nepal dürfte wichtige Einnahmen verlieren. Wie sehr das Land von dem Tourismus am Berg abhängt, zeigt sich auch daran, dass Behörden noch vergangene Woche alles daran gesetzt haben, die Saison weiterführen zu können. In ein paar Tagen könne es bereits weitergehen, hieß es.

Auch am Montag wollten die Beamten trotz der schlechten Nachrichten aus dem Hochgebirge die Saison nicht abblasen. «Wir werden nicht offiziell eine Schließung bekannt geben, denn wir haben den Kletterern bereits eine Genehmigung erteilt”, sagte ein Vertreter der Tourismusbehörde Nepals. »Die Kletterer und Reiseveranstalter, die sich am Basislager befinden, müssen selbst sie Entscheidung treffen. Wie werden ihnen keinen Weg vorgeben.«

Jeder Bergsteiger muss 11.000 Dollar (9.800 Euro) an das Land für die Lizenz zum Aufstieg zahlen. Dieses Jahr haben bisher rund 350 eine Genehmigung erhalten. Doch es geht nicht nur um die Lizenzen. Die in der Regel extrem wohlhabenden Alpinisten haben mit ihren kostspieligen Expeditionen einen wichtigen Wirtschaftszweig in Nepal geschaffen, von denen viele relativ gut bezahlte Arbeitsplätze abhängen.

Das gilt vor allem für die Bergführer, welche die Ausrüstung tragen und beim Aufstieg so gut wie unverzichtbar sind. In den wenigen Wochen der Saison verdienen die Sherpas mit umgerechnet rund 7.000 Dollar fast ihr gesamtes Jahreseinkommen. Viel Geld in einem Land, in dem der durchschnittliche Monatslohn bei gerade einmal 50 Dollar liegt.

Die Helfer sind laut dem Chef der Everest Firma Himalaya Experience, Russell Brice, nun in einer zweispältigen Situation. Einerseits kehrten viele von ihnen aus dem Basislager zurück zu ihren Familien, um beim Wiederaufbau zu helfen. Andererseits äußerten sie laut Brice aber auch den Wunsch, die Saison im Anschluss fortzusetzen. Bereits 2014 mussten viele von ihnen nach einem schweren Lawinenunglück auf Einnahmen verzichten. Allerdings haben sich bereits Reiseveranstalter dafür bereit erklärt, einen Teil der Verluste der Sherpas zumindest teilweise zu kompensieren.

Dass viele Bergsteiger trotz der starken Beschädigung nun noch auf den Gipfel steigen werden, ist zweifelhaft. Viele Veranstalter haben ihre Touren bereits abgeblasen. Auch Himalaya Experience hat die Saison frühzeitig beendet. »Wie werden keinen Aufstieg mehr fortsetzen«, schrieb Chef Brice. Die Entscheidung habe er sich nicht leicht gemacht. Mehrfach hat sich der Neuseeländer mit Vertretern von Nepals Tourismusministerium getroffen, um darüber zu diskutieren, ob der Aufstieg auf den Mount Everest trotz der Erdbebenkatastrophe weitergehen soll - und sich dann doch dagegen entschieden.

Allein schon die Tatsache, dass Brice über eine Fortsetzung der Saison nachgedacht hat, hat ihm viele böse E-Mails eingebracht, sagt er. Auch im Netz regt sich Protest: Viele sehen es als pietätlos, in einem Katastrophengebiet seiner teuren Freizeitaktivität weiter nachzugehen. Zudem sind auch am Mount Everest mindestens 19 Menschen von einer Lawine getötet worden. Unternehmer Brice will nun mit einem Hilfsfonds das Land unterstützen. Zudem soll das nicht mehr benötigte Essen der Expedition in den Himalajadörfern verteilt werden.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.