Tore sind wichtiger als die Moral
Fehlende Treffer und ein Kompetenzwirrwarr zerren bei der WM in Tschechien an den Nerven der deutschen Eishockeyspieler
Prag. Die deutschen Eishockey-Nationalspieler durften am Mittwoch bei einer Stadtrundfahrt in Prag auf andere Gedanken kommen. Der spiel- und trainingsfreie Tag sollte auch bei der Frustbewältigung helfen, denn im Team tun sich bereits nach drei Spielen erste Risse auf. Nach dem 0:1 (0:0, 0:0, 0:1) bei der Weltmeisterschaft gegen die Schweiz fingen die Spieler an, sich indirekt einander die Schuld für die 121 WM-Minuten ohne Tor zu geben. Das lässt für das schwierige Spiel am Donnerstag (20.15 Uhr auf Sport1) gegen Titelanwärter Schweden Böses erahnen. »Ich will es eigentlich nicht sagen, aber wir haben vier Wochen etwas trainiert, und jetzt machen wir es anders«, sagte Stürmer Thomas Oppenheimer über das erschreckend harmlose Überzahlspiel der DEB-Auswahl.
Speziell für das Powerplay wurde Mannheims Meistercoach Geoff Ward kurz vor dem WM-Start als Co-Trainer ernannt. Generalmanager Karl-Heinz Fliegauf hatte schon nach der Pleite gegen Kanada Probleme angedeutet: »Wir haben drei Trainer, die haben alle eine andere Philosophie.« Mannheims Stürmer Kai Hospelt, der Wards Anforderungen bestens kennt, sieht eher ein Problem mit der Konzentration und der Einstellung: »Wir haben ja einen Plan im Powerplay, aber alle fünf Spieler müssen sich an das halten, was abgesprochen ist.«
Bislang wurden der Berliner Jens Baxmann und der Krefelder Oliver Mebus vom Bundestrainer Pat Cortina außen vor gelassen. Das sorgt auch für Frust im DEB-Team, genau wie der Verzicht auf Christoph Ullmann gegen die Schweiz. Der Routinier hat immerhin 150 Länderspiele auf dem Buckel und ist mit Mannheim Meister geworden.
Die Nationalmannschaft ist trotz der fast schon vergebenen Viertelfinalchance zwar weit davon entfernt, zerstritten zu sein. Doch die Torflaute zerrt an den Nerven. Im vierten Gruppenspiel gegen Schweden spricht nicht viel für eine Besserung. Im Gegenteil: Der Weltranglisten-13. muss zuallererst ein Debakel wie beim 0:10 gegen Kanada vermeiden. Dass Cortinas Team defensiv dazu in der Lage ist, hat es gegen die Schweiz bewiesen. »Starke Moral, stark verteidigt - nur leider waren wir im Angriff nicht stark genug«, sagte der Bundestrainer: »Wir müssen da Lösungen finden.«
Ohne den Durchbruch im Angriff könnte auch das Minimalziel Klassenerhalt ernsthaft in Gefahr geraten. Allerdings schielt das Team trotz zweier Niederlagen in drei Gruppenspielen noch immer aufs Viertelfinale. »Wenn man jetzt nach unten schaut, hat man hier nichts verloren«, sagte Torhüter Timo Pielmeier, der gegen die Schweiz ein starkes WM-Debüt gefeiert hatte. Auch DEB-Boss Franz Reindl wollte sich vom Viertelfinaltraum noch nicht endgültig verabschieden: »Wenn ich Spieler wäre, würde ich sagen: Jetzt geht’s richtig los.« SID/nd
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