Mutige Auer im irren Abstiegskampf
FC Erzgebirge erspielt sich 2:1 beim 1. FC Union Berlin
Für den Erzgebirge Aue war der 1. FC Union am Sonnabend ein dankbarer Gegner. Für die Berliner geht es nach einer wechselhaften Saison seit einigen Spieltagen um nichts mehr. Vor den letzten drei Partien mit 41 Punkten auf Platz neun liegend, sind Auf- und Abstieg kein Thema mehr. Für den FC Erzgebirge hingegen geht es noch immer um alles. Diese Einstellung brachte der Tabellenletzte mit auf den Rasen der Alten Försterei. Und genau diese Einstellung brachte vor über 21 000 Zuschauern den Sieg. »Wir haben verdient gewonnen«, befand Aues Torwart Martin Männel nach dem 2:1 (1:0) durch Tore Stefan Mugoša (23. Minute) und Clemens Fandrich (62.) für die Gäste sowie Martin Kobylanski (64.) zurecht.
Die erste Chance des Spiels hatten die Gastgeber aus Köpenick. Nach einem Eckball stieg Innenverteidiger Toni Leistner am höchsten, köpfte den Ball in der 2. Minute aber knapp über das Tor von Männel. Der Eindruck aber, dass der 1. FC Union ob seiner komfortablen Situation gegen eine von der ständigen Abstiegsangst verunsicherte Auer Mannschaft befreit aufspielt und die Partie kontrolliert, verflog sehr schnell. »In den ersten fünf, sechs Minuten haben wir ganz ordentlich gespielt«, sagte Union-Trainer Norbert Düwel mit einem bitteren Lächeln nach der Partie.
Statt zur Lust am Spiel führte die Leichtigkeit des Seins der Berliner in der 2. Bundesliga zur Nachlässigkeit: im Spiel nach vorn und beim verteidigen. Und so kamen die Gastgeber in Halbzeit eins zu keiner weiteren Torchance, gestatteten den Gästen dafür aber einige Möglichkeiten. Nach 23 Minuten nutzte Mugoša die erste klare Chance zur Führung. Aues Stürmer wurde im Sechzehner mühelos freigespielt, und vollendete ebenso mühelos aus zehn Metern gegen Daniel Haas. Elf Minuten später scheiterte Mugosa am Union-Torwart aus ähnlich vielversprechender Position.
Mehr Tore fielen nicht, mit dem 1:0 für den FC Erzgebirge ging es in die Kabinen. Und die Halbzeit-Führung war hoch verdient. Denn Aue brachte nicht nur mehr Leidenschaft, Laufbereitschaft und Kampf in die Partie, sondern spielte auch sehr gefällig nach vorn. Mit zwei Stürmern, zwei offensiven Mittelfeldspielern und den zwei Flügelspielern hatte Trainer Tomislav Stipić seiner Mannschaft eine mutige, offensive Ausrichtung gegeben. »Wir haben in der Hinrunde auch guten Fußball gespielt, bloß haben wir uns da nicht belohnt, weil wir zu wenig aus unseren Torchancen gemacht haben«, sagte Männel später. »Aber jetzt haben wir mit Stefan Mugoša und Bobby Shou Wood zwei da vorne drin, die gut miteinander harmonieren.« Wie beim 1:0: Wood bereitete vor, Mugoša traf.
Am zweiten Treffer der Gäste war keiner der beiden stürmischen Winterneuzugänge beteiligt. Aber mit Clemens Fandrich erzielte in der 62. Minute ebenfalls ein neu verpflichteter Spieler das 2:0. Wieder ließen die Berliner dem Gegner zu viel Platz: beim Spiel durchs Mittelfeld, beim Pass von Rico Benatelli auf Fandrich in den Strafraum und beim Abschluss des 24-Jährigen, der den Ball gekonnt im langen Eck platzierte.
Wie gut sich der FC Erzgebirge verstärkt hat, zeigt der Blick auf die Entwicklung der Mannschaft in dieser Saison. Kurz vor Weihnachten ging Aue nach 19 Spieltagen mit nur drei Siegen und 14 Punkten als Tabellenletzter in die Winterpause. 13 Spieltage später hat das Team nun 34 Punkte und neun Siege auf dem Konto. Dass Aue trotzdem als Tabellenletzter nach Berlin gekommen ist, nennt Michael Fink den »irren Abstiegskampf«. »Plötzlich gewinnen die alle ihre Spiele«, sagte der Mittelfeldspieler. »Unglaublich« fand er, dass zeitgleich auch der mit Aue punktgleiche FC St. Pauli beim Aufstiegskandidaten 1. FC Kaiserslautern mit 2:0 gewonnen hatte.
Auch schon in den Freitagspartien des 32. Spieltags hatten die Abstiegskandidaten VfR Aalen (2:0 in Düsseldorf) und 1860 München (1:0 beim FSV Frankfurt) jeweils dreifach gepunktet. »Aber«, sagte Finke, »wenn wir alle unsere Spiele gewinnen, sind wir in einer guten Position.« Durch den Sieg beim 1. FC Union Berlin ist der FC Erzgebirge wieder auf den Relegationsrang 16 gesprungen, ein Punkt vor 1860 München und drei vor Aalen. Angesprochen auf das Restprogramm mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern und der Auswärtspartie in Heidenheim meinte Fink: »In unserer Situation gibt es keinen leichten oder schweren Gegner.«
Für den Sonnabend in Berlin galt das nur bedingt. Zwar kam der 1.FC Union durch den eingewechselten Martin Kobylanski nach 64 Minuten noch zum Anschlusstreffer und versuchte durch weitere Umstellungen, die Offensive zu stärken. Aber selbst als bei den Gästen ab der 70 Minute die Kräfte schwanden, schafften es die Berliner nicht wirklich, sich ganz klare Torchancen zu erarbeiten. »Es reicht nicht, nur 20 Minuten am Spiel teilzunehmen«, sagte Düwel und kritisierte, dass seiner Mannschaft Grundtugenden wie Lauf- und Kampfbereitschaft gefehlt hätten.
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