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»Wir fordern ...

Mehr Freude über den «gestörten Bauablauf» bei der BND-Zentrale und ein verkorkstes Gewehr wünscht sich Kathrin Gerlof

  • Kathrin Gerlof
  • Lesedauer: 3 Min.

... eine lückenlose Aufklärung.« Der Verbraucher weiß, dass die Stunde der Wahrheit geschlagen hat, ist dieser Satz erst einmal gefallen. Der Bürger und die Bürgerin lachen oder weinen sich in den Schlaf, in Erinnerung an all die lückenlosen Aufklärungen der vergangenen Jahre. Der Bundespräsident - fragte man ihn (bitte nicht!) - erklärte sicher, dass es die Pflicht derer ist, die das Privileg haben, in Freiheit aufzuwachsen und zu leben, dieses hohe Gut zu verteidigen, indem sie den Mut haben, ihre Finger in die Wunden der Demokratie zu legen und Fragen zu stellen, die weh tun.

So betrachtet, gehört die Kolumnistin zu einer Minderheit. Aus ihrer Sicht muss nicht »endlich Schluss sein mit der Taktik, die Missstände beim G36 auszusitzen, zu verschleiern und zu verharmlosen« (Bundestagsabgeordnete Brunner von den Grünen). Stattdessen stellt sie sich die Frage, was das Ziel all der scharfzüngigen und echauffierten Oppositionspolitiker*innen ist, wenn die fordern, Missstände bei einem Gewehr zu beseitigen, das zum Totschießen von Leuten gebaut wird. Oder wollen sie nur die Missstände weghaben, die dazu führten, dass unsere Soldaten jahrelang mit einem Gewehr rumgelaufen sind, das im Wüstenklima nicht in der Lage ist zu töten?

Soll das Ding jetzt endlich mal dem Namen eines Präzisionsgewehres gerecht werden, statt andauernd im »heiß geschossenen Zustand« sein Weichziel zu verfehlen? Wollen die LINKEN und die Grünen, dass Heckler & Koch sich an die Arbeit macht und das Ding, dem wir noch bis vor Kurzem so viel Ruhm und Ehre zu verdanken hatten, auf den neuesten technischen Stand bringt, auf dass es uns nicht Hohn und Spott einhandelt, stattdessen im Krieg seine Arbeit tut, wie wir es von ihm erwarten und verlangen?

Was wäre die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses, wie er jetzt gefordert wird? Dafür zu sorgen, dass ein paar Köpfe rollen und ersetzt werden durch Köpfe, die in der Lage sind, scheiße funktionierende Waffen auszumustern und zu ersetzen durch ordentliches Gerät, das uns garantiert, in den Kriegen, in denen wir mitmischen, nicht blöd dazustehen sondern heldenhaft unsere teutsche Pflicht zu erfüllen?

Die LINKE will jetzt alles wissen, statt sich zu freuen, dass die Missstände (diese Worte mit drei »s« machen einen fertig) bei dem seit 1993 benutzten Sturmgewehr vielleicht dazu geführt haben, das eine oder andere Ziel zu verfehlen.

Nun haben wir, dank des Ministeriums unserer Übermutter, eine lückenlose Chronologie über den Umgang mit den Problemen, die das G36 in den vergangenen Jahren gemacht hat, und wir wissen: Es wurde nichts getan. Ja super! Weiter so!

Und wenn wir schon mal dabei sind: Bitte auch weiter so beim Neubau der BND-Zentrale und keinen Untersuchungsausschuss, schon gar nicht lückenlose Aufklärung fordern über all die Dinge, die zu einem »gestörten Bauablauf« führen. Gerne noch ein paar »Mega-Wasserschäden« und »unvorhersehbare Sachverhalte« und auf keinen Fall die ganze Wahrheit wissen wollen, an deren Ende vielleicht ein paar schlaue Burschen und Mädels, die in der Lage sind, Wasserhähne abzuschrauben und einer zivilen Nutzung zuzuführen, auf der Anklagebank sitzen.

Das kann doch niemand, dem unsere informationelle Selbstbestimmung und die Unversehrtheit unserer Wohnzimmer am Herzen liegen, wirklich wollen. Ein nicht funktionierendes BND-Hauptquartier und ein nicht funktionierendes Sturmgewehr sind Dinge, an denen wir uns erfreuen sollten, anstatt daran rumzumäkeln. Die Kolumnistin hofft weiter auf zahlreiche derartige Lachnummern.

Es gibt Bereiche, da müssen wir die Bundesregierung unterstützen bei ihrem Bestreben, Laientheater zu vertuschen und Dinge nicht besser zu machen. Zumindest so lange es nicht möglich ist, mörderischen Unternehmen, wie Heckler & Koch, einfach die Lizenz zum Töten zu entziehen.

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