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Schäubles Coup d’État

Tom Strohschneider über den deutschen Finanzminister und wie der lernte, ein griechisches Referendum zu lieben

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Yanis Varoufakis am Montag zu einem möglichen Referendum über die Bedingungen der Gläubiger für eine Auszahlung aus dem blockierten Kreditprogramm gefragt wurde, antwortete Athens Finanzminister: Jede Regierung habe das Recht, die Bevölkerung in solch grundlegenden Dingen zu befragen - er werde sich aber dazu nicht weiter äußern, aus Respekt vor Premier und Staatspräsident, in deren Hand das liege.

Dass die Athener Regierung erwägt, sich ein neues Mandat zu holen, falls die Gläubiger auf »Reformen« bestehen, die zentralen Wahlversprechen von SYRIZA widersprechen, ist nicht neu und hat hierzulande schon zu bösartigen Reaktionen geführt. So viel Demokratie wollen viele Griechenland eben doch nicht zugestehen.

Nun aber gibt es eine Wende in der Debatte - angeführt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der CDU-Mann findet plötzlich Geschmack an direkter Demokratie. Es wäre »vielleicht sogar eine richtige Maßnahme, das griechische Volk entscheiden zu lassen«, sagte Schäuble. Dieses müsste dann darüber abstimmen, »ob es das, was notwendig ist, bereit ist zu akzeptieren, oder ob es das andere will«.

Das klingt nicht nur nach »Friss oder stirb« - es ist auch genau das damit gemeint. »Das andere« nämlich ist einerseits nicht anders zu verstehen als eine Staatspleite Griechenlands, die einen möglichen Grexit und dann eine Vertiefung der sozialen Krise zur Folge hätte. Da die Griechen mit großer Mehrheit im Euro bleiben und nicht noch ärmer werden wollen, läuft das »Friss oder stirb« andererseits auf eine Niederlage von SYRIZA hinaus, mindestens aber auf deren Schwächung und womöglich Spaltung hinaus.

Interessant ist, dass Schäuble parallel offenbar versucht, seine Rolle beim Rücktritt des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou - sagen wir: neu zu definieren. Auch damals ging es um eine Volksabstimmung in Griechenland. Der CDU-Politiker behauptete in einem Interview am Sonntag, er habe dem Premier 2011 »sehr zu einem Referendum geraten. Dazu ist es dann nicht gekommen, Papandreou hat darüber sogar sein Amt verloren.« Genau: Weil unmittelbar nach der Bekanntgabe der Referendumspläne durch den PASOK-Politiker, der die Griechen über die zuvor im Gegenzug zu Kreditgeldern von den Gläubigern auferlegten Sparauflagen abstimmen lassen wollte (wie sich die Dinge doch gleichen), eine schon freigegebene Tranche der Gelder für Athen wieder gestoppt wurden.

Der Wirtschaftskolumnist Norbert Häring hat ausführlich nachgezeichnet, welche Rolle Schäuble damals spielte, als Papandreou, man kann es so sagen: gestürzt wurde. Vielleicht hat Schäuble ihm damals wirklich zur Volksbefragung geraten - wissend, wohin der Referendumszug 2011 rollen würde. Wenn es jetzt in Athen wieder ein Referendum geben sollte, und wenn dann wieder jemand darüber stürzt - Schäuble könnte später sagen, er habe davon jedenfalls nicht abgeraten.

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