»Das Wichtigste ist die Seenotrettung«
EU erntet Kritik für Pläne, Boote von Fluchthelfern zu zerstören
Frankfurt a.M. Die EU-Pläne zu Militäroperationen gegen Fluchthelfer auf dem Mittelmeer stoßen in Deutschland weiter auf Kritik. »Das Wichtigste ist zunächst einmal die Seenotrettung«, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), am Freitag im »Morgenmagazin« des ZDF. Mit der Zerstörung der Schiffe seien die Menschen nicht davon abzuhalten, Wege nach Europa zu suchen. Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, sagte, statt »Scheinaktivitäten« und Militäreinsätzen sei es nötig, dass Flüchtlinge einen sicheren Weg nach Europa eröffnet bekommen.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini fordert, mit Hilfe einer Militäroperation systematisch Schmugglerboote zu identifizieren und diese zu zerstören. Vor dem UN-Sicherheitsrat warb Mogherini für ein Mandat der Vereinten Nationen
»Cap Anamur«-Gründer Rupert Neudeck lehnt Militäroperationen gegen Schleuserbanden auf dem Mittelmeer kategorisch ab. Die EU habe offenbar noch nicht begriffen, dass hinter den Flüchtlingsströmen ein viel größeres Problem stehe, sagte Neudeck am Freitag im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Es seien 18 Millionen junge afrikanische Menschen auf dem Weg durch Afrika in Richtung Europa, weil sie eine Perspektive suchten.
»Die erreicht man nicht dadurch, dass man ein paar Schleuserboote vor den Küsten Libyens, Marokkos, Algeriens und Tunesiens zerstört«, sagte Neudeck. Diese Menschen seien allein dadurch zu erreichen, dass man versuche mit afrikanischen Regierungen gemeinsam dort etwa ein Berufausbildungsprogramm zu installieren. Noch gebe es in Nordafrika funktionieren Regierungen, mit denen man sprechen könne, etwa in Marokko, Tunesien oder Ägypten, sagte der »Cap Anamur«-Gründer.
Göring-Eckardt sagte der »Saarbrücker Zeitung« (Freitagsausgabe), Militäroperationen gegen Schleuserbanden seien »ein absurder Vorschlag«. Mit dem Zerstören von Booten sei Schleusern nicht beizukommen. Ein solches Vorgehen sorge nur dafür, »dass die Menschen in noch älteren, unsicheren Booten aufbrechen«. epd/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.