Gericht untersagt Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule

In einem Eilverfahren beschied das Gericht, die Rechtmäßigkeit der Anordnung sei zweifelhaft

  • Sarah Liebigt
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule dürfen vorerst bleiben. Ein Gerichtsurteil untersagte die Räumung der besetzen Schule. Die Grünen wollen weiterhin eine andere Nutzung und halten die Immobilie für unbewohnbar.

Die seit 2012 von Flüchtlingen bewohnte ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg wird vorerst nicht geräumt. Das Verwaltungsgericht Berlin entschied am Freitag in einem Eilverfahren, dass die Räumung nicht vollzogen werden darf. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung sei zweifelhaft. Laut Mitteilung des Gerichts ist fraglich, ob das Bezirksamt »hier ordnungsrechtlich zum Schutz der öffentlichen Sicherheit habe einschreiten dürfen«.

Das ehemalige Schulgebäude sei keine öffentliche Einrichtung mehr und diene keinem unmittelbaren öffentlichen Zweck. Wenn zudem – wie hier – streitig sei, ob der Aufenthalt im Gebäude durch vertragliche Vereinbarung erlaubt sei, sei die zivilgerichtliche Klärung vorrangig.
Das Bezirksamt habe aber keine entsprechenden Schritte zur Räumung im Zivilrechtsweg unternommen. Da die Bewohner dem Bezirksamt bekannt seien, unterscheide sich die Situation hier wesentlich von »gewöhnlichen Hausbesetzungen«. Das rein fiskalische Eigentum der öffentlichen Verwaltung genieße keine besondere Privilegierung. Es unterliege den gleichen engen Voraussetzungen für ein hoheitliches Eingreifen, die auch sonst für den Schutz rein privater Rechte gelten.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

»Es bleibt unser politisches Ziel, die ehemalige Gerhart-Hauptmann-Schule
zu einem internationalen Flüchtlingszentrum zu entwickeln«, sagte die Grünen-Stadträtin für Finanzen, Facility Management, Kultur und Weiterbildung, Jana Borkamp. »Die Immobilie in ihrem aktuellen baulichen Zustand eignet sich nicht, wie bereits mehrfach erwähnt, für eine temporäre oder dauerhafte Unterbringung von Menschen.« Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei eine Beschwerde beider Verfahrensgegner möglich. Inwieweit das Bezirksamt diesen Schritt unternehmen wird, hängt von der Begründung des Verwaltungsgerichts ab, die nun sorgfältig geprüft werde.

Laut Bezirk leben derzeit etwa 20 Personen in dem Gebäude. Die Kosten für
den Unterhalt in der Immobilie beliefen sich demnach im Zeitraum vom Dezember 2014 bis zum April 2015 auf 478 382 Euro. In dieser Summe enthalten sind Kosten für Gas, Wasser, Strom,
Wachschutz, Reinigung und den allgemeinen Unterhalt des Gebäudes.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.