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Streiks bei Amazon und in den Kitas

Gemeinsame Kundgebung in Leipzig angekündigt / ver.di will am Donnerstag mit Großdemo in Frankfurt am Main Druck in Tarifstreit für Erzieherinnen machen

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Berlin. Auch am Dienstag setzt die Gewerkschaft ver.di ihren Streik beim Versandhändler Amazon in Leipzig fort. Nach dem langen Wochenende würde sich ein Streik besonders krass auswirken, sagte der Streikleiter der Gewerkschaft, Thomas Schneider: »Viele Bestellungen vom Pfingstwochenende bleiben liegen.« Die Leute seien »auch nach zwei Jahren Auseinandersetzung nicht müde«.

Bereits am vergangenen Freitag hatten sich laut ver.di 450 Menschen am Amazon-Streik in Leipzig beteiligt. Amazon erklärte dagegen, »weniger als 390 Mitarbeiter« seien dem Aufruf von Verdi gefolgt, die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten sei regulär zur Arbeit erschienen. Ver.di will für die 9.000 Mitarbeiter in Deutschland eine Bezahlung nach dem Einzelhandelstarif erreichen, Amazon lehnt das aber ab - man sehe sich als Logistiker. In dem Tarifkonflikt kommt es seit Mai 2013 immer wieder zu Streiks. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

In Leipzig ist für den Dienstag eine gemeinsame Kundgebung der streikenden Amazon-Kollegen mit den ebenfalls streikenden Erzieherinnen geplant. Die setzen auch in der in der dritten Woche in Folge ihren Arbeitskampf fort. In Sachsen wollen die Erzieher kommunaler Einrichtungen in Leipzig, Zwickau und Werdau ihre Arbeit niederlegen, kündigte die Gewerkschaft ver.di an. Für Mittwoch sind auch Beschäftigte der Dresdner Kitas zum Streik aufgerufen. Die Gewerkschaften fordern mehr Lohn von durchschnittlich zehn Prozent für die Kita-Mitarbeiter. Die Arbeitgeber lehnten die Forderung bisher als nicht bezahlbar ab.

Auch in mehreren Städten Sachsen-Anhalts wird in den Kitas weiter gestreikt. Die Gewerkschaft GEW rief die Beschäftigten in Halle und Dessau-Roßlau für Dienstag bis Freitag zu ganztägigen Arbeitsniederlegungen auf. In Halberstadt soll zudem am Donnerstag und Freitag und in Weißenfels nur am Freitag gestreikt werden.

Im Nordosten ist in 21 Einrichtungen der städtischen Kitas in Schwerin für Dienstag Streik angesagt. Bereits seit 6.00 Uhr versammelten sich Betreuer und Sozialarbeiter vor den Türen der Kitas, wie Karin Eckel von der Gewerkschaft ver.di sagte. Im Verlauf des Vormittags wollten sich die Teilnehmer dann in Schwerin vor der Staatskanzlei zu einem Streikfrühstück treffen. »Wir rechnen mit etwa 250 Teilnehmern.« Darunter seien auch Kita-Angestellte aus Greifswald. Dort könne es deshalb zu Einschränkungen im pädagogischen Angebot kommen. Auch Erzieher aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg werden laut Eckel erwartet.

In Brandenburg wollen rund 2000 Erzieherinnen kommunaler Kitas am Dienstag erneut ihre Arbeit niederlegen. Nach Angaben der Gewerkschaft bleiben in neun Landkreisen Kindertagesstätten voraussichtlich die ganze Woche geschlossen oder bieten nur Notdienste an. Betroffen sind Einrichtungen in den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel, Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald, Uckermark und Barnim. Die Streiks würden solange fortgesetzt, bis auf Bundesebene ein akzeptables Angebot vorliegt, sagte Erich Mendroch von ver.di Berlin-Brandenburg.

Für den Donnerstag ruft die Gewerkschaft ver.di Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes zu einer Großdemonstration in Frankfurt am Main auf. Wie ver.di am Samstag mitteilte, erwarte man mehr als 12.000 Erzieher und Sozialarbeiter. Gewerkschaftschef Frank Bsirske wird dabei sein - man wolle mit der Kundgebung den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, zu verhandeln und zu einem Abschluss zu kommen.

Im Kita-Streik sehen Experten wie der Dresdner Sozialwissenschaftler Thomas Drößler die Bundesländer in der Pflicht. »Beim derzeitigen Arbeitskampf geht es nicht nur um Geld, sondern um grundlegende Aspekte. Da sind auch die Bundesländer gefragt«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Länder erließen dazu Gesetze und Verordnungen, würden aber zu wenig in die politische Verantwortung genommen: »Die Debatte ist zu sehr auf die Frage verengt, ob die Kommunen das bezahlen können.« Frühkindliche Bildung sei bisher zu sehr auf den Rechtsanspruch auf Betreuung fokussiert gewesen. Drößler forscht vor allem zum Thema Erziehung und Bildung in der Kindheit.

Derweil haben Bundestagsabgeordnete aus Koalition und Opposition großes Verständnis für den Streik der Kita-Erzieherinnen gezeigt. Die Angehörigen dieser Berufsgruppe verdienten mehr Anerkennung, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Caren Marks (SPD), am Freitag bei einer Debatte über Kita-Qualität im Bundestag. Norbert Müller von der Linksfraktion ermutigte die Erzieherinnen, ihren Streik fortzusetzen. Er sagte: »Die Linke steht an Ihrer Seite.« Lediglich von Paul Lehrieder (CSU) kam vorsichtige Kritik an der Arbeitsniederlegung in den Kindertagesstätten. Agenturen/n

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