Korruptionsverdacht: FIFA-Funktionäre festgenommen
Britische FA stellt FIFA-Wahl in Frage/ Afrikanischer Kontinentalverband unterstützt Blatter weiter/ Niersbach: Schädlich für gesamten Fußball/»New York Times« spricht von Betrug, Erpressung und Geldwäsche
Update 15.00 Uhr: Nach der Festnahme von sieben hochrangigen Funktionären hat der englische Verband FA als erste Konföderation die Wahl von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter am Freitag infrage gestellt. »Man muss fragen, ob die Wahl unter diesen Umständen stattfinden sollte«, erklärte FA-Präsident Greg Dyke am Mittwoch.
Der afrikanische Fußball-Dachverband CAF hat trotz der Vorkommnisse FIFA-Präsident Joseph Blatter seine Unterstützung zugesagt. Nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP sprach sich das CAF-Exekutivkomitee am Mittwochmorgen für eine fünfte Amtszeit Blatters als FIFA-Präsident aus. Allerdings habe der Verband seinen Mitgliedern die Abstimmung offen gelassen, zitierte AFP einen anonymen CAF-Offiziellen.
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach sieht den Fußball durch die Ermittlungen und Festnahmen im Zuge des neuen Skandals um den Weltverband FIFA beschädigt. »Es wäre erschütternd, wenn sich die im Raum stehenden, schweren Vorwürfe gegen Mitglieder der FIFA als richtig herausstellen«, teilte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes am Mittwoch mit. »Es ist schockierend und schädlich für den gesamten Fußball, was sich in Zürich zwei Tage vor dem FIFA-Kongress abspielt.«
Update 12.00 Uhr: Das US-Justizministerium hat die Anklage gegen neun FIFA-Offizielle wegen des Verdachts der Verschwörung und Korruption bestätigt und auch die Namen der am Mittwochmorgen in Zürich verhafteten Personen genannt. Nach Angaben der Behörde verhaftete die Schweizer Polizei Jeffrey Webb, Eduardo Li, Julio Rocha, Costas Takkas, Eugenio Figueredo, Rafael Esquivel und José Maria Marin.
Darunter sind mit Webb und Figueredo auch zwei FIFA-Vizepräsidenten. Darüber hinaus wurde auch das Hauptquartier des Kontinentalverbands Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik (CONCACAF) in Miami durchsucht.
Berlin. Kurz vor dem FIFA-Kongress sind Schweizer Sicherheitsbehörden am frühen Mittwochmorgen gegen mehrere Funktionäre des Weltfußballverbands vorgegangen. Die »New York Times« berichtete, es seien Spitzenfunktionäre in einem Hotel in Zürich festgenommen worden. In Behördenkreisen ist von sechs Männern die Rede. Unter den Festgenommenen soll Jeffrey Webb von den Cayman Inselns und Eugenio Figueredo aus Uruguay sein - beide sind Vize-Präsidenten des Fußballverbandes. Die Polizei wollte sich dazu zunächst nicht äußern. Ein Sprecher bestätigte der Schweizer Nachrichtenagentur sda lediglich, es seien im Auftrag des Schweizer Bundesamtes für Justiz »mehrere Maßnahmen durchgeführt« worden.
Laut »New York Times« wird den namentlich nicht genannten Personen von Ermittlern aus den USA Betrug, Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. Die Polizeiaktion in dem Züricher Nobelhotel Bar au Lac sei auf Anfrage des US-Justizministeriums erfolgt. Den Festgenommenen drohe die Auslieferung in die USA, wo die Staatsanwaltschaft gegen mehr als zehn Personen eine Anklage vorbereite. Nähere Details über die Anschuldigungen wurden nicht genannt. Eine Stellungnahme der FIFA stand vorerst noch aus.
Laut »New York Times« soll FIFA-Chef Joseph Blatter nicht zu den Beschuldigten gehören. Der 79-Jährige geht als großer Favorit in die Wahl für eine fünfte Amtszeit beim FIFA-Kongress am Freitag. Einziger Gegenkandidat ist Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien. Blatter rechnet fest mit seiner Wiederwahl beim Kongress des Fußball-Weltverbandes am Freitag. »Sie kennen mich, ich bin immer optimistisch«, sagte der Schweizer am Dienstag bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in der Kongresswoche vor einem Treffen der Verbände aus Nord- und Mittelamerika (CONCACAF) in Zürich. Blatter besucht traditionell die Vortreffen der Konföderationen. Entgegen erster Aussagen war sein einziger Kontrahent Prinz Ali bin al-Hussein von den CONCACAF-Delegierten doch noch eingeladen worden und hielt eine kurze Rede.
Die Treffen der Verbände aus Asien und Ozeanien am Mittwoch wurden abgesagt. Dies werteten Beobachter als Zeichen, dass es bei diesen Konföderationen keinen Diskussionsbedarf mehr gibt und Blatter zumindest mit der Mehrheit der Stimmen rechnen kann. Die UEFA-Mitglieder treffen sich erst am Donnerstag wenige Stunden vor Kongressbeginn in Zürich zu ihren Beratungen. Offen ist noch, ob sie ein kollektives Votum für Al-Hussein abgeben werden.
Auf die harsche Kritik von Luis Figo an ihn nach dessen Rückzug als Kandidat reagierte Blatter diplomatisch. Der Portugiese sei eine respektable Persönlichkeit und könne sagen, was er wolle. Figo hatte die demokratischen Prozesse bei der FIFA infrage gestellt: »Diese Wahl ist eine Abstimmung, um die absolute Macht einem Mann zu übergeben.« Agenturen/nd
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