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Grexit? »FAZ« ändert Lagarde-Satz nachträglich

Linkenpolitikerin Wagenknecht : Berliner Kurs ist Grund für Athener »Katastrophe« / Streit um Stand der Verhandlungen über blockiertes Kreditprogramm geht weiter / IWF-Chefin Lagarde schließt Grexit nicht mehr aus

  • Lesedauer: 5 Min.

Update 17.10 Uhr: Ein Satz aus einem Interview mit IWF-Chefin Christine Lagarde in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« zu einem möglichen Euro-Austritt Griechenlands hat für Irritationen gesorgt. Die »FAZ« zitierte die Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einer Teilauflage ihrer Freitagsausgabe mit den Worten: »Der Austritt Griechenlands ist eine Möglichkeit.« Im Rest der Auflage und in einem Online-Artikel zu dem Interview fehlt diese Äußerung. Stehen blieb nur der vorgeschaltete Satz: »Und niemand wünscht den Europäern einen Grexit (einen griechischen Euro-Austritt).« Der Satz sei nachträglich auf Bitte des Währungsfonds geändert worden, erläutert die Zeitung ihr Vorgehen in der Samstagsausgabe. »Als die Finanzmärkte auf dieses Zitat nervös reagierten, bat der IWF darum, die autorisierte deutsche Version anders zu formulieren«, schreibt die Zeitung. Der IWF in Washington ließ der Deutschen Presse-Agentur eine Mitschrift der strittigen Passage des in Englisch geführten Interviews zukommen. Demnach sagte Lagarde: »But, you know, it's a potential....« Das kann übersetzt werden als: »Aber wissen Sie, es ist eine Möglichkeit....« Offen bleibt, ob sie damit eine konkrete Option meinte - also den bewussten Euro-Austritt Griechenlands (»Grexit«) - oder einen Zufall, also ein unbeabsichtigtes Euro-Aus (»Graccident«). In englischsprachigen Medien hieß es, dass Lagarde den Satz vielleicht noch fortsetzen wollte - das englische Wort »potential« kann auch als Adjektiv (»möglich«) benutzt werden. Der IWF wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, wie Lagarde den Satz gemeint hat.

Upate 16 Uhr: US-Finanzminister Jack Lew hat angesichts der schleppenden Griechenland-Verhandlungen eine pragmatische Lösung und mehr Flexibilität gefordert. »Ich denke, dass sich alle Parteien bewegen müssen«, sagte Lew am Freitag in Dresden nach Beratungen der Finanzminister und Notenbankchefs der führenden westlichen Industrienationen (G7). Die G7-Staaten seien der Meinung, dass die Regierung in Athen einige schwierige und schmerzhafte Entscheidungen treffen müsse. Lew mahnte zugleich »eine gewisse Flexibilität aufseiten der Institutionen« an. Die »Gefahr eines Unfalls« steige, wenn sich bei der Lösung der Probleme nichts tue.

Wagenknecht : Berliner Kurs ist Grund für Athener »Katastrophe«

Berlin. Die Vizevorsitzende der Linksfraktion, Sahra Wagenknecht, hat die Bundesregierung für die »wirtschaftliche Katastrophe« in Griechenland verantwortlich gemacht. Die Politik von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel sei in Europa »die entscheidende Wachstumsbremse. Beide haben das Wachstum durch ihre unsozialen Kürzungsdiktate in ganz Europa abgewürgt, verweigern sich jetzt einem Investitionsprogramm und treiben Griechenland mit der Forderung nach weiteren Lohn- und Rentenkürzungen immer tiefer in die wirtschaftliche Katastrophe«, sagte Wagenknecht mit Blick auf Äußerungen Schäubles beim Treffen der G7-Finanzminister und Notenbankchefs in Dresden.

Der Bundesfinanzminister hatte vor dem Minister-Treffen vor einer weiteren Schuldenspirale gewarnt. »Wir werben für unseren Ansatz: Strukturreformen sind der Erfolgsschlüssel für nachhaltiges Wachstum, Schuldenberge hingegen eine Wachstumsbremse«, sagte Schäuble der Deutschen Presse-Agentur. Wagenknecht wies dies zurück. »Es ist absurd, dass ausgerechnet Schäuble nun vor einer Schuldenspirale warnt, welche die Weltwirtschaft gefährde. Schließlich hat die Bundesregierung selbst mit ihrer unsozialen Bankenrettungs- und Kürzungspolitik massiv an der Schuldenspirale gedreht. Nur ein Schuldenschnitt und der Mut, endlich das Geld bei den Profiteuren zu holen, führen aus dieser Spirale wieder hinaus«, so die Linkenpolitikerin. Dies gelte vor allem für Griechenland.

Athen sieht Einigung bevorstehen - Berlin nicht
Gläubiger teilen »griechische Lesart« nicht / Ringen um blockiertes Kreditprogramm auch bei G7-Finanzministertreffen in Dresden Thema - der Newsblog vom Donnerstag zum Nachlesen

Über den Stand der Verhandlungen über die Freigabe von Geldern aus dem von den Gläubigern blockierten Kreditprogramm gibt es unterdessen weiter Streit. Beinahe wortgleich hieß es von Seiten der EU-Kommission und des Internationalen Währungsfonds (IWF), bei den Gesprächen mit Athen gebe es noch viel zu tun. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici bezeichnete in Dresden ein Abkommen mit Athen als »möglich«. Es sei aber »nicht richtig, zu sagen, dass drei Viertel des Weges bereits geschafft seien«, sagte er dem französischen Radiosender France Culture.

Regierungschef Alexis Tsipras hatte zuvor erklärt, die Verhandlungen seien »auf der Zielgeraden« und die Gesprächspartner »einer Vereinbarung nahe«. Dazu sagte bereits am Mittwochabend Finanzminister Schäuble, er sei »immer ein bisschen überrascht, dass aus Athen immer so gesagt wird, wir stünden kurz vor einer Einigung«. Die Verhandlungen seien »noch nicht sehr viel weitergekommen«. Am Donnerstag sagte der griechische Regierungssprecher Gavriil Sakellaridis dann, Athen hoffe auf ein Abkommen »bis Sonntag«.

Die Gläubiger von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds fordern von der seit Januar amtierenden Athener Regierung im Gegenzug für die Freigabe der bisher blockierten letzten Tranche über 7,2 Milliarden Euro aus einem laufenden Kreditprogramm umfassende Maßnahmen. Die Gläubiger pochen auf Bedingungen, die SYRIZA nicht erfüllen will. Tatsächlich hat die Regierung in Athen immer mehr Zugeständnisse gemacht.

Die EZB zeigte sich derweil in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Bericht zur Finanzstabilität besorgt, dass die Hängepartie in Sachen Kreditprogramm für Griechenland auch die Kosten für andere Länder, sich mit frischem Geld zu versorgen, in die Höhe treiben könnte. Darüber hinaus äußerten sich auch nicht-europäische G7-Länder besorgt über den anhaltenden Streit.

Lagarde schloss ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« vom Freitag nicht mehr aus. »Der Austritt Griechenlands ist eine Möglichkeit«, sagte sie. Zwar wäre ein solcher Schritt »kein Spaziergang«, er bedeutete aber »wohl nicht das Ende des Euro«. Dass bereits in den kommenden Tagen eine umfassende Lösung im Schuldenstreit erreicht werden könne, sei hingegen »sehr unwahrscheinlich«, sagte Lagarde. Agenturen/nd

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