Eurogruppe: Kommen SYRIZA nicht entgegen
Athen legt »realistischen« Plan vor / Gläubiger formulieren »allerletztes Angebot« / Appell von EU-Linken
Nach dem Mini-Gipfel der Gläubiger in Berlin scheint Bewegung in das Ringen um eine Einigung über das blockierte Kreditprogramm für Griechenland gekommen. Es blieb aber bis Redaktionsschluss offen, zu wessen Gunsten diese Bewegung gehen würde.
Die griechische Seite legte einen dem Vernehmen nach 47-seitigen Plan vor, in dem »realistische« Vorschläge enthalten seien, so Premier Alexis Tsipras, um das Land aus der Krise zu führen. Details wurden nicht bekannt, wohl aber machte der SYRIZA-Chef klar, dass darin auch Zugeständnisse formuliert sind, »die schwierig sein werden«.
Die Gläubiger wollten sich dazu nicht äußern. Es gebe viele Dokumente, die zwischen Athen und seinen Gläubigern ausgetauscht würden, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel. Dazu soll nun angeblich auch ein Kompromissvorschlag der Gläubiger gehören, zu dem es aber auch keine genaueren Informationen gab. Aus Athen hieß es im Tagesverlauf, man habe keinen Vorschlag erhalten. »Wir werden sehen, was das für Maßnahmen sind und ob sie zugunsten der Bevölkerung sind oder nicht«, sagte SYRIZA-Fraktionssprecher Nikos Filis.
Am Montagabend waren im Kanzleramt überraschend IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi zu einem ohnehin geplanten Treffen von Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dazugestoßen. Offiziell hieß es danach, die Gesprächspartner seien sich einig gewesen, »dass nun mit großer Intensität weitergearbeitet werden« müsse. Über deutsche Medien wurde hingegen unter Berufung auf namentlich nicht genannte EU-Kreise eine schärfere Lesart verbreitet. Die Deutsche Presse-Agentur meldete: »Die Gläubiger setzen Athen die Pistole auf die Brust.« Auch hieß es: Die Gläubiger würden Griechenland »ein allerletztes Angebot« unterbreiten.
Das war aber höchstens die halbe Wahrheit. Das Berliner Treffen dürfte auch dazu gedient haben, die Differenzen innerhalb der Gläubiger-Gruppe zu bearbeiten. Beobachter registrierten aufmerksam, dass IWF-Chefin Lagarde länger im Kanzleramt weilte als die anderen Teilnehmer. Zuvor war der Eindruck entstanden, der IWF wolle nicht länger Teil des Kreditprogramms sein und fahre eine härtere Linie gegenüber Athen. Dagegen hatte es Signale gegeben, dass die EU-Kommission eine kompromissbereitere Strategie bevorzugt. Schließlich zeugte die Reaktion von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nicht gerade von größtem Einvernehmen der Gläubiger - er lehnte erneut Konzessionen ab (»Wir werden ihnen nicht auf halbem Weg entgegen kommen«) und pochte vehement darauf, dass selbst bei einer Einigung der »Institutionen« IWF, EZB und EU-Kommission mit Athen diese erst von der Eurogruppe bestätigt werden müsse. Es sei, zog Dijsselbloem, der beim Berliner Mini-Gipfel außen vor blieb, rhetorisch die Bremse, »nicht einmal theoretisch möglich«, dass noch diese Woche eine Vereinbarung mit Griechenland möglich ist. Ein EU-Vertreter hatte hingegen erklärt, es gebe nun »einen klaren politischen Druck, diese Woche zu einer Einigung zu kommen«.
Linkspartei und Grüne kritisierten abermals die Kürzungsauflagen für Griechenland. »Das hat das Land nicht aus der Krise geführt, sondern immer tiefer in die Krise rein«, sagte Linksfraktionsvize Sahra Wagenknecht dem WDR. Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick erklärte im Deutschlandradio, die »Kaputt-Sparpolitik« sei gescheitert.
Derweil haben sich Abgeordnete linker Parteien aus ganz Europa mit einem Aufruf hinter die »Forderungen der neuen griechischen Regierung gegen Kürzungspolitik und für die Rückgewinnung von Würde und Selbstbestimmung« gestellt. Man stehe »vereint für eine linke Alternative in Europa«, heißt es darin. Mit der Solidaritätserklärung verbunden wird Kritik an »Verleumdungen gegen die griechische Bevölkerung seitens unserer Regierungen und der Massenmedien«.
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