Rote Teufel und jugoslawische Fiktionen
Kroatiens Rechtskonservative machen im Wahlkampf gegen Kommunismus mobil
Mit offenkundiger logistischer, politischer und finanzieller Unterstützung durch die Kroatische Demokratische Union streiken einige Veteranenverbände bereits seit Oktober 2014 vor dem kroatischen Verteidigungsministerium und fordern u.a. die Ablösung von Verteidigungsminister Predrag Matić. Zu den Hauptparolen gehören »100 Prozent für Kroatien« und »1991 gegen Jugoslawien - 2014 gegen Jugoslawen«.
Dass dieser Streik illegal, da unangemeldet ist, stellt lediglich ein legalistisches und nicht das Hauptproblem dar. Viel deutlicher ist hingegen die Tatsache, dass die Hauptorganisatoren seit Monaten unverblümt mit einem Staatsstreich drohen, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden und die Regierung lediglich tatenlos zusieht, während Gegendemonstranten von der Polizei abgeführt werden. Der HDZ-Spitzenkandidat hingegen präsentiert sich als gern gesehener Redner den Demonstranten - und auf dieser Bühne spielt sich sein Wahlprogramm gegen vermeintliche Kommunisten, gegen Serben und Jugoslawen ab. Zum Jahresende steht eine Neuwahl des Parlaments auf der politischen Tagesordnung.
Es ist nicht so, dass die von der Sozialdemokratischen Partei (SDP) angeführte sozialliberale Koalition in Kroatien Sympathien oder gar Unterstützung verdient hätte. Mitnichten. Vergegenwärtigt man sich die in den letzten Jahren praktizierten sozioökonomischen Maßnahmen und innenpolitischen Feigheiten, sollten Lohnabhängige in Kroatien wohl froh über deren Abwahl sein.
Nun gibt es allerdings keine ernstzunehmende organisierte politische Linke, die Widerstand auf die Straße und in das Parlament bringen könnte. An ihrer Stelle bereitet sich konsequent das formal rechtskonservative, in der Praxis aber zunehmend faschistoide Spektrum um die ehemalige Kriegs- und Regierungspartei HDZ auf die Regierungsübernahme vor. Mit ihrem Vorsitzenden Tomislav Karamarko schickt sie sich an, wiederum die stärkste Partei in Kroatien zu werden - ein Zustand übrigens, den sie sich überhaupt nur als einzig legitimen vorzustellen in der Lage ist.
Die nun interessante Frage ist die nach der Programmatik. Vor allem geht es darum, mit welchen ökonomischen und sozialen Konzeptionen sich die HDZ dem Wahlvolk (vor)stellen möchte. Bisher hat sich die Partei samt ihres Spitzenkandidaten Tomislav Karamarko sehr zurückhaltend dazu geäußert, da sie ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Vorstellungen an das Münchener Ifo-Institut ausgelagert hat.
Seine weisen wirtschaftsliberalen Ratschläge und Expertisen lässt sich das Institut zwar sicher angemessen vergüten, doch einen markanten Unterschied zur Regierungspolitik der letzten Jahre wird der Wahlkampf auf diesem Gebiet kaum hergeben. Wenn die sozioökonomischen Kernfragen als potentielle Unterscheidungsmerkmale entsprechend wegfallen, müssen andere Kriterien her. Hier kann die HDZ auf ihre jederzeit zu mobilisierende Anhängerschaft im tiefbraunen Lager bauen, um ihren staatlich-ideologischen Hegemonieanspruch als »Schöpferin Kroatiens« durchzudrücken.
Die Staatsidee der rechtskonservativen HDZ fußt dabei ausschließlich auf drei negativen Projektionen des potentiellen politischen Herausforderers. Da wäre zunächst einmal das Gespenst des Kommunismus, das überall lauert und die ideologische Reinheit aus Katholizismus, Nationalismus und Kapitalismus unterhöhlt.
Zu diesem Zweck hat Tomislav Karamarko in einem Interview mit dem Zagreber Wochenblatt »Globus« Ende Mai sein »Antikommunistisches Manifest« vorgestellt, in dem er den ideologischen Kampf gegen die kommunistischen Überreste in Kroatien sowie eine Lustration, also eine »Säuberung« von namhaften Intellektuellen ankündigte.
Zum anderen versteht die HDZ die serbische Minderheit als einen permanenten Fremdkörper im kroatischen Staatsorganismus. Das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Zweisprachigkeit in Kommunen mit über einem Drittel Minderheitenanteil wird dabei nicht nur verbal in Frage gestellt.
Im Falle Vukovars unterstützte die HDZ Ende 2014 offen rechtsextreme Gruppierungen, die die schon angebrachten Beschilderungen in kyrillischer Schrift medienwirksam zerstörten. Die letzte der drei negativen Projektionen stellte eine Art Synthese der beiden vorherigen dar und bezieht sich auf einen Kampf gegen Jugoslawien, der immer noch zu führen sei.
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