Linkenchef wünscht sich: Gysi soll weitermachen

Riexinger: Vorstand habe den 67-Jährigen gebeten, im Herbst erneut für Fraktionsvorsitz zu kandidieren / Rot-Rot-Grün? »Gesellschaftliches Reformprojekt nicht die Vorstellung des SPD-Vorsitzenden«

  • Lesedauer: 4 Min.

Update 14.45 Uhr: Der Linkenpolitiker Niema Movassat hat es als »skurril« bezeichnet, wenn nun die Forderung erhoben werden, die Linkspartei solle sich endlich für Regierungsbeteiligungen öffnen. »Wo war denn die Tür bisher für Regierungsbeteiligung geschlossen? Wir haben nur gesagt, dass wir bestimmte Grundsätze dafür haben«, erklärte er im Sozialen Netzwerk Facebook. Er bezeichnete das Argument »Unsere Wähler wollen, dass wir regieren« als »besonders lustig. Denn ich glaube kaum, dass unsere Wähler, die ein klar friedenspolitisches und soziales Programm wählen, wollen, dass wir Kriegseinsätzen oder Sozialabbau zustimmen«. Movassat weiter: »Wer immer bereit ist, diesen Weg einer klar friedlichen und sozialen Politik mitzugehen, mit dem können wir regieren.« Die Linkspartei müsse aber »glaubwürdig bleiben, sonst macht sie sich überflüssig«.

Update 12.20 Uhr: Der stellvertretende Fraktionschef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, will noch nicht über seine mögliche Kandidatur für den Fraktionsvorsitz reden. Bartsch sagte dem Sender »MDR Info« am Freitag, er äußere sich erst dann zu einer Kandidatur, wenn sie anstehe. Zunächst müsse sich Amtsinhaber Gregor Gysi erklären. Dessen Entscheidung sei gefallen. »Aber ich will abwarten, bis er sie der Öffentlichkeit und dem Parteitag mitteilt«, sagte Bartsch.

Update 8 Uhr: Der Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert, sieht für den Fall eines Rückzugs von Gregor Gysi vom Fraktionsvorsitz eine Doppelspitze aus den bisherigen Stellvertretern Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch als möglich an. »Wenn die beteiligten Personen auch davon ausgehen, dann könnte es so funktionieren und dann soll es so sein«, sagte er der in Halle erscheinenden »Mitteldeutschen Zeitung« und fügte hinzu: »Sahra Wagenknecht wird dann auch noch mal ein anderes Rollenverständnis entwickeln. Das muss jeder tun. Das muss auch Dietmar Bartsch tun, wenn er Fraktionsvorsitzender wird.«

Linkenchef wünscht sich: Gysi soll weitermachen

Berlin. Kurz vor Beginn des Bundesparteitags der Linken in Bielefeld hat Linksfraktionschef Gregor Gysi erneut an seine Partei appelliert, mehr Gestaltungsbereitschaft zu zeigen. »Auch in der Opposition erreicht man Veränderungen. (...) Trotzdem sollte man Mitverantwortung in einer Regierung nicht scheuen, sondern man muss sie wollen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Dann könnte man noch schneller die Dinge so verändern, wie es von unsern Wählern erwartet wird.«

Zu seiner politischen Zukunft sagte Gysi, er werde sich am Sonntag auf dem Parteitag erklären, ob er im Herbst nach zehn Jahren als Fraktionsvorsitzender im Bundestag erneut kandidiert. »Dadurch, dass jetzt eine Atmosphäre mit so hoher Erwartungshaltung entstanden ist, habe ich gar keine andere Chance mehr: Ich muss mich erklären«, sagte er. In der Partei war seit Wochen darüber spekuliert worden, ob der 67-Jährige noch einmal als Fraktionschef antritt oder nicht. Der Linken-Politiker hatte diese Überlegungen durch zahlreiche Äußerungen in Interviews allerdings auch selbst genährt.

Derweil sagte Parteichef Bernd Riexinger, mit Blick auf Gysi er würde sich »wünschen, dass er wieder antritt«. Der »Welt« erklärte Riexinger, der Vorstand habe ihn gebeten, im Herbst erneut für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren. »Andererseits ist die Partei auf jede seiner Entscheidungen vorbereitet. Wir haben Nachfolge-Lösungen diskutiert und werden sie zeitnah präsentieren«, kündigte Riexinger an.

Der Parteichef brachte in diesem Zusammenhang auch die bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht wieder ins Spiel. Wagenknecht hatte erst vor drei Monaten ihre Kandidatur mit der Begründung abgesagt, es mangele ihr an Rückhalt in der Fraktion. »Ihre Absage kam ein bisschen überraschend, schaun' wir mal, wie's dann wirklich wird«, sagte Riexinger nun der »Welt«. »Wir könnten uns Sahra Wagenknecht sehr gut an der Fraktionsspitze vorstellen.«

Riexinger distanzierte sich von Gysis Aussagen zu den Koalitionsmöglichkeiten der Linken mit SPD und Grünen. Gysi hatte laut »Welt« in diesem Zusammenhang von »überflüssigen roten Linien« für Rot-Rot-Grün gesprochen und gefordert, seine Partei müsse sich Auslandseinsätzen der Bundeswehr öffnen. Dazu sagte Riexinger der Zeitung, die Linke dürfe »ihre Identität nicht aufgeben« und müsse eine »Partei der sozialen Gerechtigkeit und eine Friedenspartei« bleiben. »Unsere Haltelinien sind unverrückbar: kein Sozialabbau, keine Tarifflucht und keine Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland«, sagte Riexinger.

Voraussetzung für eine Koalition mit SPD und Grünen ist aus seiner Sicht ein gemeinsames gesellschaftliches Reformprojekt. Er habe einmal mit SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber gesprochen. »Wir mussten feststellen, dass ein gesellschaftliches Reformprojekt nicht die Vorstellung des SPD-Vorsitzenden ist«, sagte Riexinger. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.