Gesetz zum Datensammeln nicht rechtens
Zwei Gutachten lassen an Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung zweifeln
Berlin. Kurz vor der ersten Beratung des neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung im Bundestag äußern Bundestagsjuristen in zwei Gutachten Zweifel, dass auch die Neuregelung nicht verfassungskonform sein könnte. Wie die »Süddeutsche Zeitung« berichtet, kommen die Experten vom Wissenschaftlichen Dienst des Parlaments in den Gutachten zu dem Ergebnis, dass der Gesetzentwurf die verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben in mehreren Punkten nicht erfülle.
Der Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen die Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger zehn Wochen lang speichern. Für die Standortdaten, die bei Handy-Gesprächen anfallen, ist eine verkürzte Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen. Die Vorlage soll ab Freitag im Bundestag beraten werden.
Im Jahr 2007 hatte die damalige Große Koalition bereits ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Dieses wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig verworfen. Im April 2014 kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) dann auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat laut »SZ« jetzt in seinen beiden Gutachten geprüft, ob der Gesetzentwurf von Maas die Vorgaben des EuGH und des Bundesverfassungsgerichts erfüllt.
Die Bundestagsjuristen beklagen dem Bericht zufolge, dass in dem Gesetzentwurf von Maas die Regelungen zur Datenverwendung, -löschung oder -weitergabe die Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht erfüllten, weil sie zu unklar formuliert seien.
Die Juristen monieren laut »SZ« zudem, dass die Vorgabe Karlsruhes, wonach Betroffene grundsätzlich vor der Datenerhebung unterrichtet werden müssten, »nicht richtig« umgesetzt werde. In dem Gutachten werde außerdem der mangelnde Schutz der Berufsgeheimnisträger beklagt. Der Entwurf von Maas sieht vor, dass die Verbindungsdaten von Berufsgeheimnisträgern gespeichert, aber nicht verwendet werden dürfen. Damit trage der Gesetzentwurf den EuGH-Vorgaben »nicht Rechnung«, heißt es laut »SZ« in dem Gutachten. AFP/nd
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