Zum G7-Gipfel
Internationale Presseschau
Sega, Bulgarien
Bitte einsparen
Die G7 könnte in Zukunft mühelos ein Beispiel zur Kostenreduzierung bieten. Dies würde zweifellos sogar diejenigen beeindrucken, die meinen, dass sie bei solchen kostspieligen Treffen mit nichts überrascht werden können. Die Führungspolitiker könnten aber auch ein Konferenz-Telefon-Gespräch machen und danach ihre Erklärungen und Versprechungen mitteilen, ohne dass sie Hunderte Millionen Euro ausgeben. Diese Treffen werden immer mehr den Tagungen des Weltwirtschaftsforums in Davos ähnlich, die das Schicksal der einfachen Menschen nicht betreffen. Den Politikern bieten sie aber eine gute Gelegenheit, positive Öffentlichkeitsarbeit zu machen und den Reichen, neue Möglichkeiten für ertragreiche Geschäfte zu erkunden.
Kommersant, Russland
Neue Qualität ohne Moskau
Die Anführer der G7 entfernen sich von einer Zusammenarbeit mit Moskau. Zum zweiten Mal hintereinander ist der Gipfel ohne Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin gelaufen. Aber seine Abwesenheit störte ihn nicht dabei, trotzdem die Hauptperson des Treffens zu sein. Die Anführer der westlichen Mächte haben zum ersten Mal seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihr Hauptaugenmerk darauf gerichtet, einen Plan der Gegenwehr gegen Moskau auszuarbeiten. Ohne Russland gehen die G7 in eine neue Qualität über. Aus einer Vereinigung, die die Probleme der Weltwirtschaft und der Entwicklung löst, wird sie zu einem Institut für die Festigung der Ideologie und der Wertvorstellungen der westlichen Welt.
Gazeta Wyborcza, Polen
Wie im Kalten Krieg
Die politisch wichtigste Frage ist das Problem Russlands, genauer von den Hoffnungen, dass es unter der Führung von Wladimir Putin ein berechenbarer Staat und ein normaler Partner in internationalen Beziehungen sein wird. Diese Hoffnungen verflogen fast unwiederbringlich, denn der Westen unternimmt gegen Russland immer mehr Aktivitäten, wie sie aus dem Kalten Krieg bekannt sind.
Nepszabadsag, Ungarn
Kein Durchbruch
Letztendlich hätten wir es erfahren, wenn es den G7-Mitgliedern Jahr um Jahr gelungen wäre, die größten Weltprobleme zu lösen. Keines davon wäre übriggeblieben. Jetzt ging es um allerlei: vom Kampf gegen den IS und Boko Haram über das iranische Atomprogramm, Syrien, das transatlantischen Freihandelsabkommen bis hin zum Klimawandel. Kein Durchbruch, keine Sensation, keine Wunderwaffe.
Pravda, Slowakei
Keine Kopfschmerzen
Im Fall der Ukraine wird nicht einmal darüber diskutiert, dass sie immer weitere finanzielle Infusionen braucht, während man die Griechen allein deshalb von Bord werfen will, weil sie eine Regierung wählten, die den Gläubigern nicht gefällt. Das sagt über die »am weitesten entwickelten Ökonomien der Welt« mehr aus, als ihnen lieb sein kann. Bauch- oder Kopfschmerzen werden die G7-Führer trotzdem nicht bekommen. Denn zum Schluss finden sich bei solchen Treffen immer Themen, über die sich kraftvoll reden lässt, wie erfolgreich man sie doch diskutiert und gelöst habe.
Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
Die Bilanz verwedelt
Selbst der gute Wille bemisst sich am Betrag, am besten am Geldbetrag. Weil kaum noch jemand an die absolute Wahrheit glaubt, hält man sich an die Kostenwahrheit. Am G7-Gipfel wurden hehre Absichten mit horrenden Summen glaubhaft gemacht. Zur Sprache kamen auch die UNO-Millenniumsziele. 189 Staaten hatten sich 2000 verpflichtet, Ernährung, Gesundheit und Bildung bis 2015 entscheidend zu verbessern. Inzwischen ist 2015, und bereits wurden in Elmau neue Ziele angekündigt. Man wünschte sich zuerst eine ehrliche Bilanz von der UNO. Dass die meisten Ziele nicht erreicht wurden, ist klar. Und auch, dass kein zwingender Zusammenhang zwischen Geldfluss und Erfolg besteht. Aber anstatt die Karten auf den Tisch zu legen, wird die Bilanz verwedelt, indem zum Beispiel bei der Analyse der Armut das Vergleichsjahr plötzlich von 2000 auf 1990 verschoben wurde, um das Ergebnis besser aussehen zu lassen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.