Handballerinnen vor einem Scherbenhaufen
Deutscher Handballbund fürchtet negative Auswirkungen im Vorfeld der Heim-WM in zwei Jahren
Astrachan - Weltmeisterschaft passé, Olympia adé: Zwei Jahre vor der Heim-WM stehen die deutschen Handball-Frauen vor einem Scherbenhaufen. »Fakt ist: Wir haben eine WM im eigenen Land 2017 - dafür ist das schädlich. Das tut uns richtig weh für die Vermarktung der Frauen«, sagte Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB). Durch die 26:27 (10:13)-Niederlage im Playoff-Rückspiel am Samstag in Astrachan gegen Russland hatte die deutsche Mannschaft sechs Tage nach der 20:22-Heimschlappe die Teilnahme an der WM vom 5. bis 20. Dezember in Dänemark verspielt.
Doch nicht nur das: Auch die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro finden ohne die deutsche Mannschaft statt. Denn in Dänemark werden die Plätze für die Olympiaqualifikationsturniere vergeben. Rettung aus dem Dilemma kann nur noch die eigentlich unerwünschte Wildcard bringen, die schon den Männern aus der Patsche geholfen hat.
»Die Wildcard bei den Männern hat geholfen, weil ein Konzept dahinterstand. Wenn wir bei den Frauen das gleiche vorweisen können, dann würden wir eine Wildcard beantragen. Ich finde, eine Wildcard muss sich lohnen und man muss sie sich dahingehend verdienen, dass ein Konzept dahinter stehen muss«, sagte Hanning, der zugleich aber betonte, über das Prozedere nicht Bescheid zu wissen.
Als die deutschen Männer bei der WM in Katar Platz sieben und damit ihre Olympia-Chance einspielten, beschloss der Weltverband IHF die Vergabe von zwei Freiplätzen für das kommende Frauenturnier. Diese wurden Südamerika entzogen, das wegen des WM-Titels von Brasilien sechs Startplätze gehabt hätte. Als Argument diente die mangelnde sportliche Qualität der Nummern fünf und sechs auf dem Kontinent.
Die mögliche Hintertür zur WM spielte in Astrachan allerdings keine Rolle. Geknickt, traurig und desillusioniert trat der deutsche Tross die Heimreise an. »Wir sind niedergeschlagen«, sagte Spielführerin Clara Woltering. Das angestrebte »Wunder von der Wolga« blieb nur ein Wunsch. »Trotz unseres eigenen starken Auftritts haben wir zu viele Fehler gemacht«, analysierte die Torfrau.
Bis zum 16:16 (41.) lief die deutsche Auswahl fortwährend einem Rückstand hinterher, versäumte es aber anschließend, selbst in Führung zu gehen und so die Russinnen aus der Bahn zu werfen. »Letztlich haben wir ein paar Fehler mehr als Russland gemacht. Und es ist uns nicht gelungen, Russland Mitte der zweiten Halbzeit mit einer eigenen Führung unter Druck zu setzen«, sagte Bundestrainer Jakob Vestergaard.
So ist ein gutes halbes Jahr nach dem kläglichen Platz zehn bei der Europameisterschaft auch die Aufbruchstimmung durch den Bundestrainerwechsel von Heine Jensen hin zu Vestergaard verpufft. Unmittelbare Konsequenzen für den Dänen wird dies aber nicht haben. »Ihm wird nicht der Kopf abgerissen. Er ist ja nun gerade erst da«, sagte Bob Hanning und gab schon mal die Richtung vor: »Das gilt es jetzt in Ruhe aufzuarbeiten: Trainer, Sportdirektor, Delegationsleitung.« dpa/nd
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