Kein Anschub für die Elektroautos
Die E-Mobilität in Deutschland kommt nicht voran - das bestätigte eine Konferenz
Deutschland ist Autofahrerland - und soll es auch künftig bleiben. Zwei Tage lang hat die Bundesregierung mit deutschen Autobauern in Berlin darüber konferiert, wie der nahezu nicht vorhandene Absatz der E-Autos angekurbelt werden kann. Eigentlich hatte die Automobilindustrie konkrete Förderzusagen erwartet. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ die Erwartungen ins Leere laufen und stellte auf der Elektromobilitätskonferenz lediglich fest, dass man »um eine weitergehende Förderung nicht herumkommen« werde.
Derzeit beraten auch die Bundesministerien über einen Anschub für ihr Sorgenkind Elektromobilität. »Verschiedene Fördermodelle werden schon seit Monaten diskutiert«, bestätigte Jürg Weißgerber vom Bundesfinanzministerium. Nach Informationen des Onlinemagazins klimaretter.info geht es um eine erneute Förderung in Höhe von drei Milliarden Euro für Kaufanreize, Forschung und den Bau von fehlenden Ladesäulen. Weißgerber bestätigt zwar »die aktuellen Abstimmungen zwischen den Ministerien« - involviert sind Umwelt-, Forschungs- und Verkehrsministerium. Die Fördersumme von drei Milliarden Euro hingegen sei spekulativ, sagte der Sprecher.
Sicher ist aber, dass die Koalition noch 2015 die Förderung der E-Autos auf den Weg bringen will. Im Gespräch sind steuerliche Sonderabschreibungen für Firmenwagen mit Elektroantrieb. Für den Verkehrsexperten vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), Daniel Rieger, sind die Abschreibungen jedoch nichts anderes als eine versteckte Kaufprämie, die vom Steuerzahler finanziert werden müsse. Die Autobauer hatten sich sowieso Verkaufsprämien gewünscht, wie sie beispielsweise in Frankreich üblich sind. Seit April bezuschusst der französische Staat den Umstieg vom Diesel auf einen Elektroantrieb mit 10 000 Euro. Wer ein Hybridauto kauft, erhält immerhin noch einen Zuschuss von 6500 Euro. Doch in Deutschland sind Kaufanreize bisher tabu.
Direkte Zuschüsse beim Kauf seien auch kaum ein wirklich nachhaltiger Weg zur Verkehrswende, meint Julia Hildermeier von der Brüsseler Dachorganisation Transport & Environment. Noch immer fehlten flächendeckende und einheitliche Ladestationen sowie standardisierte Bezahlsysteme. Schon Ende 2014 hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angekündigt, dass bis 2017 alle Autobahnraststätten mit Schnellladesäulen ausgestattet sein sollen. 400 zusätzliche Schnellladepunkte sollen errichtet werden. Bislang gibt es erst 2400 öffentliche Stationen und 100 Schnellladepunkte.
Die Bundesregierung wollte ursprünglich bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße bringen. Bisher sind aber nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie erst rund 25 000 Fahrzeuge mit reinem Strombetrieb unterwegs. Zudem sinken die Zulassungszahlen kontinuierlich: Während es im vergangenen Jahr noch eine leichte monatliche Steigerung der Neuzulassungen gab - durchschnittlich wurden rund 1 000 E-Fahrzeuge zugelassen, brachen die Zahlen Anfang dieses Jahres ein. Im April 2015 wurden nur noch 684 neue Elektrowagen angemeldet.
Während die Bundesregierung noch darüber nachdenkt, wie sie die Automobilindustrie zufriedenstellen kann, bezeichnete Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag Autos schlicht als Platzräuber - egal ob fossil oder elektrisch betrieben. »Der Raum in den Städten ist knapp«, sagte er. Auch NABU-Experte Rieger glaubt nicht, dass Elektroautos allein die Verkehrswende stemmen können: »Viel zu hoher Flächen- und Ressourcenverbrauch sowie Lärm bleiben bestehen.« Es müsse mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer geben. Der Absatz der E-Autos solle mit einem Elektromobilitätsfonds in Gang gebracht werden, der sich aus einer Abgabe für besonders klimaschädliche Pkw speise, meint er.
Statt einer Autoförderung plädiert von Lojewski für mehr Geld zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Doch das bringt aus Herstellersicht den Absatz der E-Autos nicht voran.
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