Czaja muss zur Sondersitzung
Ausschuss debattiert über LAGeSo-Prüfbericht
Die Begrüßung blieb frostig. Sozialsenator Mario Czaja (CDU) und der Chef des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), Franz Allert, reichten sich flüchtig die Hand, dann geht jeder an seinen Platz. Czaja war am gestrigen Montag zu einer Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales ins Abgeordnetenhaus geladen, um sich von den Parlamentariern zum Bericht der externen Wirtschaftsprüfer zu Vergabeverfahren an Flüchtlingsheimbetreiber befragen zu lassen, der der Verwaltung massives Versagen in Sachen Transparenz bescheinigt. Czaja beschloss, Allert bleibt, seine Behörde wird aber nichts mehr mit der Flüchtlingsunterbringung zu tun haben. Ein Grund: Bei elf von 16 überprüften Zusagen an die privaten Heimbetreiber PeWoBe und Gierso ist laut den Prüfern Geld an die Unternehmen geflossen, ohne, dass sich das LAGeSo über Verzinsung oder sonstige Konditionen absicherte. »Es ist nicht auszuschließen, dass in diesem Zusammenhang ein wirtschaftlicher Schaden für das Land entstanden ist«, sagte Czaja am Montag. Allert schwieg.
Konsequenz aus den Ergebnissen des Berichts bleibt, dass die Akquise und das Management der Unterkünfte fortan eine Abteilung übernimmt, die direkt Gesundheitsstaatssekretär Dirk Gerstle (CDU) unterstellt ist. Weitere Maßnahmen kündigte Czaja in der Sitzung nicht an. Es bleibt dabei: Der Ex-Bezirksamtsleiter von Reinickendorf, Stephan Herting und Petra Hildebrandt, Geschäftsführerin einer Tochter der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land sind seit letzter Woche für den Aufbau der neu strukturierten Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) zuständig.
»Es ist absolut nicht ersichtlich, welche Vorteile eine Ausgliederung der BUL bringen soll«, kritisiert Fabio Reinhardt, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piratenfraktion. Auch Elke Breitenbach, sozialpolitische Sprecherin der LINKEN, ist von Czajas Ankündigungen nicht überzeugt. »Sie haben jahrelang auf Zeit gespielt und geben jetzt den großen Chefaufklärer, der sie nicht sind«, sagt sie. Einen geforderten Terminplan für die angekündigte Neustrukturierung blieb Czaja der Opposition im Ausschuss schuldig. Der Berliner Flüchtlingsrat geht nicht davon aus, dass die direkte Zuständigkeit des Senats, die Standards der Unterbringung anheben wird, wie es in einer Stellungnahme heißt. Außerdem bleibe die meist völlig überfüllte Zentrale Aufnahme- und Leistungsstelle weiter beim LAGeSo angesiedelt. »Es ist zu befürchten, dass sich an der katastrophalen Situation für Geflüchtete nichts verbessert«, sagt Reinhardt.
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