Erdogans Drohung
Roland Etzel zum Drängen des türkischen Präsidenten auf Neuwahlen
Als hätte es keinen 7. Juni gegeben; keinen Wahltag in der Türkei, an dem die Bevölkerung recht vernehmlich Nein gesagt hat zu Erdogans Plan, aus dem türkischen Parlament eine Akklamationsmaschine unter präsidialer Regentschaft zu machen. Der türkische Präsident verweigert sich einfach der Einsicht, dass seine Partei die absolute Mehrheit gerade deshalb verloren hat, weil immer mehr Menschen der Gedanke eines allmächtigen Staatslenkers umso unheimlicher wurde, je mehr sich ihnen Erdogan als der dafür Auserwählte aufdrängte.
Deshalb droht er bereits jetzt damit, Neuwahlen auszurufen, obwohl nicht einmal die Hälfte der Zeit um ist, die eine Regierungsbildung dauern darf. Damit es beim zweiten Mal - in Erdogans Sinn - besser klappt, muss jetzt Verunsicherung beim Wähler gesät werden, zum Beispiel, indem man ihm ein schlechtes Gewissen einredet für den gezeigten Ungehorsam.
Der Großwirtschaft ist diese Kiste wohl nicht sicher genug. Sie denkt anscheinend nüchterner als der verhinderte Sultan. Deshalb sagt sie, sie möchte keine Neuwahl, aber trotzdem Erdogan. Sie tut, was Industrieverbände in Situationen, wo der Platzhirsch gestolpert ist und politische Alternativen drohen, häufig tun. Sie blicken ein bisschen nach Deutschland und schwätzen von der Notwendigkeit einer Großen Koalition.
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