Einigung mit Griechenland vertagt
Treffen der Euro-Finanzminister blieb ohne Ergebnis / Juncker glaubt an Lösung in dieser Woche
Brüssel. Das Treffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland am Montagnachmittag hat keine Einigung gebracht. Doch von anschließend ausbrechender Panik angesichts der immer knapper werdenden Zeit bis zu einer zu befürchtenden Pleite Athen war in den Aussagen von Ministern, Kommissaren und Regierungschefs nichts zu spüren. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gab sich gar optimistisch: »Ich gehe davon aus, dass wir diese Woche eine Einigung mit Griechenland finden werden.« Allerdings werde dies nicht einfach sein.
Ein weiterer Schritt in diese Richtung sollte am Abend der EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs bringen, der dennoch stattfinden sollte. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach angesichts der ausstehenden Empfehlung der Eurogruppe von einem »Beratungsgipfel«. In dieser Woche gebe es »noch viele Tage Zeit, um gegebenenfalls Entscheidungen zu treffen«. Doch nur wenn die drei Institutionen eine »abschließende Empfehlung« zu den neuesten Vorschlägen aus Athen »geben, können die Finanzminister beziehungsweise die Staats- und Regierungschefs Entscheidungen treffen«, sagte Merkel.
Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem stellte eine Einigung mit Griechenland gegen Ende der Woche in Aussicht. Ein weiteres Eurogruppen-Treffen sei möglich und damit auch der Beschluss der Staats- und Regierungschefs beim regulären EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel.
Dijsselbloem monierte, die neuen Vorschläge der griechischen Regierung für die Beendigung des Kreditprogramms seien erst »ganz, ganz kurz« vor dem Treffen eingegangen. Auch der deutsche und österreichische Finanzminister schoben die Verantwortung Athen zu. »Heute um zwei Uhr in der Früh Vorschläge zu schicken und dann zu erwarten, dass man am Mittag Entscheidungen trifft, ist schon etwas sehr übermütig«, sagte der ÖVP-Politiker Hans Jörg Schelling.
Die SYRIZA-geführte Regierung hatte selbst erklärt, bereits am Sonntag neue Vorschläge für eine Lösung der Schuldenkrise nach Brüssel geschickt zu haben. Dies wurde von mehreren Seiten bestätigt. Unter anderem bezeichnete der Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Juncker, Martin Selmayr, den neuen Vorschlag aus Athen am Sonntag als »gute Grundlage für Fortschritte«. Dann wurde allerdings aus EU-Kreisen kolportiert, Athen habe die falschen Dokumente übersandt. In der »Financial Times« ist zu lesen, dass drei ungenannte Quellen dies bestätigt hätten - eine wird allerdings mit den Worten zitiert: »Es ist nicht so dramatisch.« Eine andere Version des Vorschlags aus Athen sei dann am Montagmorgen in Brüssel eingegangen.
Auch Dijsselbloem sagte, die Vorschläge aus Athen seien »ein willkommener Schritt«. »Ich denke also, dass dies eine Gelegenheit ist, eine Einigung in dieser Woche zu erreichen«, fügte er nach Ende des Sondertreffens der 19 Euro-Finanzminister hinzu.
Ein EU-Diplomat in Brüssel sagte, Griechenland komme den Gläubigern unter anderem bei den Renten und den Verteidigungsausgaben entgegen, bei der Mehrwertsteuer müsse sich Athen aber noch mehr bewegen. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras erklärte: »Es ist Zeit für eine wirkliche und tragfähige Lösung, die Griechenland die Rückkehr zum Wachstum erlauben würde, innerhalb der Eurozone, mit sozialer Gerechtigkeit.«
Das Bundesfinanzministerium forderte derweil nach einem Bericht der Zeitung »Die Welt« die Athener Regierung auf, eine nochmalige Verlängerung des aktuellen Kreditprogramms zu beantragen. Auch müsse sich Griechenland verpflichten, noch vor Gewährung weiterer Kredite der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestimmte Maßnahmen umzusetzen. Das gehe aus einer Note des Ministeriums an die Euro-Arbeitsgruppe in Brüssel und den Bundestag hervor, so die »Welt«. Agenturen/nd Tagesthema Seite 2
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