Internationale Solidarität mit Amazon-Streik

Beim Onlinehändler ruht in dieser Woche wieder die Arbeit / Zentrale Kundgebung in Bad Hersfeld

  • Hans-Gerd Öfinger, Bad Hersfeld
  • Lesedauer: 2 Min.
1500 Streikende demonstrierten auf der zentralen Streikkundgebung im hessischen Bad Hersfeld. KollegInnen aus Post und Handel zeigten sich solidarisch.

Bei Amazon wird weiter gekämpft. Die Standorte in Leipzig (Sachsen), Bad Hersfeld (Hessen), Rheinberg, Werne (beide NRW) und Graben (Bayern) haben ihren Ausstand bis zum Beginn der Spätschicht am Samstag verlängert. Beim Amazon-Streamingdienst Instant Video im schleswig-holsteinischen Elmshorn wird mit der Spätschicht am Donnerstag wieder gearbeitet. Die Beschäftigten kämpfen seit gut zwei Jahren für einen Tarifvertrag nach den Bedingungen des Einzel- und Versandhandels.

Die zentrale Streikkundgebung in Bad Hersfeld am Mittwoch war mit rund 1500 GewerkschafterInnen von Aufbruchstimmung sowie branchenübergreifender und internationaler Solidarität geprägt. So wurden die Streikenden aus Rheinberg (Niederrhein) stürmisch begrüßt, als sie staubedingt verspätet zur Kundgebung stießen. Bereits versammelt hatten sich Amazon-Beschäftigte aus anderen Standorten. Solidarisch zeigten sich streikende ver.di-Mitglieder aus dem Thüringer Einzelhandel und von der Post in Hessen. Aus Wroclaw (Polen) war Gregorz Cison angereist, der bei der dortigen Amazon-Filiale die Solidarnosc-Betriebsgruppe leitet. Cison sprach sich für eine intensivere internationale Gewerkschaftskooperation aus. Sein Kollege Sebastian Baranski vom Solidarnosc-Fachbereich Einzelhandel zeigte sich beeindruckt von der hiesigen Streikbewegung und verurteilte den Einsatz polnischer Streikbrecher bei der Post über Leiharbeitsfirmen. Auf ähnliche Weise hätten polnische Unternehmen ukrainische Arbeitskräfte zum Streikbruch angeheuert.

»Ihr habt schon einiges an Streikerfahrung und wir müssen diese schmerzhaften Erfahrungen gerade machen«, erklärte der hessische Postler Matthias Gutermuth. »Nur gemeinsam werden wir die Kraft haben, um nachfolgenden Generationen ein geregeltes Auskommen und eine vernünftige Daseinsvorsorge zu hinterlassen.« Gutermuth und DGB-Vorstand Stefan Körzell beschrieben Ähnlichkeiten der Managermethoden von Post und Amazon im Umgang mit Beschäftigten und Gewerkschaften. Wer, wie die Amazon-Chefs in Bad Hersfeld, die Hand für millionenschwere Subventionen aufhalte, der müsse jetzt »endlich die andere Hand aufhalten für ordentliche Löhne nach dem Einzelhandelstarif«, sagte Körzell.

Jürgen Hinzer, Ex-Bundesstreikbeauftragter der Gewerkschaft NGG, überreichte ein Solidaritäts-T-Shirt der Coca-Cola-Belegschaft im griechischen Thessaloniki, die seit Jahren verzweifelt ihre Arbeitsplätze verteidigt. Von einem Treffen der Rosa-Luxemburg-Stiftung hatte Hinzer Solidaritätsunterschriften von GewerkschafterInnen beispielsweise aus Kuba, Vietnam, Senegal mitgebracht. »Wir stellen uns weiter auf eine harte Auseinandersetzung ein und lassen nicht locker«, sagte Stefanie Nutzenberger, Leiterin des ver.di-Fachbereichs Handel.

Vier frühere Amazon-Betriebsräte sind unterdessen gescheitert, die nach Auslaufen ihrer befristeten Arbeitsverträge im brandenburgischen Standort Brieselang weiter beschäftigt werden wollten. Das Arbeitsgericht Brandenburg/Havel wies ihre Klagen am Mittwoch ab, da keine Benachteiligung zu erkennen gewesen sei. Ver.di will die Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob Berufung eingelegt wird.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.