Und jetzt geht's um die Posten
Bei den rot-grünen Koalitionsverhandlungen in Bremen sind die strittigen Themen abgehakt
Knapp sieben Wochen nach der Bremer Bürgerschaftswahl sind die Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen so gut wie abgeschlossen. Von einem Aufbruch, wie der designierte Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) ihn versprochen hat, ist auf den ersten Blick nicht viel zu sehen. Es gibt mehr Lehrer, mehr Polizisten, neue Steuern. Auch bei strittigen Themen wie der Weservertiefung und dem geplanten Offshore-Terminal in Bremerhaven herrscht Einigkeit. Aufsehen über die Landesgrenzen hinweg erregen die Pläne zur Freigabe von Cannabis.
Bei der Wahl am 10. Mai musste die rot-grüne Koalition, die seit 2007 an der Weser regiert, herbe Verluste hinnehmen. Sie kommt aber immer noch auf eine knappe Mehrheit im Landesparlament. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) trat nach dem schlechten Wahlergebnis ab. Sein Nachfolger Sieling will einen politischen Neuanfang. Für Schlagzeilen sorgte während der Koalitionsverhandlungen aber vor allem eine mögliche Legalisierung von Cannabis. Der Konsum soll künftig nicht mehr strafverfolgt werden. Auch an eine zentrale Abgabestelle für Volljährige ist gedacht.
Die CDU - inzwischen wieder zweitstärkste politische Kraft in Bremen - kritisiert die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen als »dürftig«. Wenn jetzt »Kiffen statt Sanieren« die Losung für die künftige Regierungsarbeit sein solle, sei das ein Armutszeugnis für die beiden möglichen Regierungspartner, sagt CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp. Die CDU lehne eine Legalisierung von »weichen« Drogen nach wie vor ab.
Auch von der CDU aus Niedersachsen kommt Kritik. »Durch Vorstöße wie in Bremen werden die Präventionsbemühungen in Niedersachsen - auch im Kampf gegen harte Drogen - ad absurdum geführt«, bemängelt der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion in Hannover, Björn Thümler. »Drogen dürfen nicht gesellschaftsfähig werden.«
Bremens SPD-Landeschef Dieter Reinken versteht die Aufregung nicht. »Das ist keine Eigenerfindung Bremens.« Es sei kein Alleingang beabsichtigt. Es gebe Planungen für bundesweite Modellprojekte, sagte Reinken. »Bremen wird sich bemühen, ein solches Projekt zu bekommen.« Das letzte Wort hat ohnehin das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Es müsste so ein Modellprojekt genehmigen.
Die Koalitionsgespräche von SPD und Grünen standen ganz im Zeichen der weiteren Sanierung der Finanzen. Das kleinste Bundesland ist mit gut 20 Milliarden Euro verschuldet und muss die Sanierungsvereinbarung mit dem Bund und den anderen Ländern einhalten. Dennoch soll es künftig mehr Stellen für Lehrer und Polizisten geben. Mehr Einnahmen sollen eine höhere Grund- und Hundesteuer bringen.
Letzte offene Punkte wollen SPD und Grüne an diesem Freitag klären. Auch über den Zuschnitt der Ressorts und die Besetzung der Senatsposten wollen sie entscheiden - was nach Einschätzung von Grünen-Chef Ralph Saxe bis zum frühen Morgen dauern kann. Am 11. Juli werden SPD und Grüne auf Parteitagen über den Koalitionsvertrag abstimmen. Die neuen Senatoren - also Landesminister - sollen am 15. Juli in der Bürgerschaft vereidigt werden. dpa/nd
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