Griechenland entscheidet
Referendum empört Gläubiger und »entsetzt« SPD / EZB hält Linie bei Notkrediten
Berlin. »Es wird immer klarer, dass das, was Europa im Augenblick erlebt, keine Episode ist, sondern ein Machtkampf zwischen dem Primat des Ökonomischen und dem Primat des Politischen.«
Der leider verstorbene Frank Schirrmacher formulierte dies vor fast vier Jahren - in einem Kommentar über den Versuch des griechischen Premiers Giorgos Papandreou, ein Referendum über die Kürzungsbedingungen abzuhalten, welche die Gläubiger dem Land auferlegen wollten.
Der Machtkampf, von dem Schirrmacher in der »Frankfurter Allgemeinen« damals schrieb, hält an: Auf die Ankündigung der griechischen Regierung vom Samstag, am kommenden Sonntag die Bevölkerung zu den Bedingungen der Gläubiger für eine nochmalige Verlängerung des Kreditprogramms zu befragen, reagiert die politische und ökonomische Klasse empört - und überlässt, den wirtschaftlichen Kollaps Griechenlands dort ebenso kalkulierend wie sich »entsetzt«, »fassungslos«, »empört« gebend, Athen sich selbst.
Immerhin: Die Europäische Zentralbank entschied am Sonntag, die Notfallhilfe für Griechenland vorerst unverändert aufrechtzuerhalten. Das schiebt den drohenden Kollaps aber womöglich bloß hinaus. Ob am Montag die Banken in Griechenland öffnen, stand zu Redaktionsschluss nicht fest. Am Dienstag wird eine Rückzahlung an den Internationalen Währungsfonds über 1,5 Milliarden Euro fällig.
Ist die »Tür für weitere Verhandlungen« noch offen, wie die Eurogruppe nach einem turbulenten Wochenende erklärte? Und warum sollte eine Regierung durch diese Tür gehen? »Können Demokratie und Währungsunion koexistieren?«, fragte Athens Finanzminister Yanis Varoufakis - nachdem er an der Eurogruppe, die über Griechenland beriet, nicht mehr teilnehmen konnte. tos Seiten 2, 3 und 10
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