Leichtfertigkeit kann teuer werden
Reiseversicherungen Teil 1
Manche Reise endet schon, bevor sie begonnen hat. Einen Tag vor Urlaubsbeginn will Hans Mayer seine Wohnung in Ordnung bringen. Beim Fensterputzen steigt der 31-jährige Familienvater auf einen Hocker, gerät aus dem Gleichgewicht, fällt - und bricht sich Arm und Schulter. Der sonnige Sommerurlaub an der Mecklenburger Seenplatte ist geplatzt.
Gut, dass die Familie eine Reiserücktrittskostenversicherung abgeschlossen hatte. Sie erstattet die hohen Stornogebühren, die der Reiseveranstalter für die geplatzte Reise mit Vollpension und Kinderprogramm in Rechnung stellt.
Reiseabbruchversicherung
Versicherer sichern - gegen Prämie - noch ganz andere Reiserisiken ab. So können sich Urlauber zusätzlich für den Fall schützen, dass sie plötzlich und überraschend aus dem Hotel am fernen Urlaubsort abreisen müssen. »Sollten sie zu einer vorzeitigen Abreise gezwungen sein, ersetzt ihnen die Reiseabbruchversicherung entstandene Mehrkosten«, wirbt eine Gesellschaft.
Allerdings wird nicht jede Absage von der Assekuranz einfach und unbürokratisch anerkannt. Ein triftiger Grund muss schon vorliegen, wenn Allianz, Ergo oder Generali zahlen sollen. Ein »triftiger Grund« kann ein unglücklicher Unfall sein oder die Unverträglichkeit einer für das Zielland vorgeschriebenen Impfung.
Nun sollte man sich nicht unbedingt gegen jedes kleine Wehwehchen und Risiko finanziell absichern. Reisebüros und Internetanbieter versuchen häufig, ihren Kunden eine (teure) Reiserücktrittskostenversicherung zu verkaufen. Anderseits kann ein Versicherungsvertrag, der bei Nichtantritt oder Abbruch eines Urlaubes einspringt, für Reiselustige bei längeren und teureren Reisen durchaus sinnvoll sein.
Eine solche Police kann auch für Eltern zweckmäßig sein: Vor allem kleinere Kinder bis drei Jahre werden im Schnitt häufiger krank als Erwachsene. Daher steigt die Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Urlaubsstornierung.
Reisegepäckversicherung
Doch selbst wenn Sie pünktlich abreisen und gut gelaunt in ihrem Feriendomizil ankommen - das Unglück schläft auch hier manchmal nicht: Der Rucksack mit allen Wertsachen wird im Hotel gestohlen. Reiseveranstalter haften in solch einem Fall meist nur bis zu einem begrenzten Betrag. Handelt es sich um einen Einbruch, zahlt unter Umständen Ihre persönliche Hausratversicherung daheim.
Das übrige Risiko kann jedoch mittels einer Reisegepäckversicherung abgesichert werden. Versichert ist nur der sogenannte Zeitwert: Dies ist der Betrag, zu dem Sie die gestohlenen Sachen durch Sachen gleicher Art ersetzen könnten. Vom Neuwert etwa eines Laptops müssen sie daher einen Abzug für Alter, Abnutzung und Gebrauch hinnehmen.
Schlechte Erfahrungen hat der Bund der Versicherten (BdV) mit Reisegepäckversicherungen gemacht: »Sie zahlen in vielen Fällen nicht oder nur einen gewissen Anteil«, beklagt ein BdV-Sprecher. Geschädigten werde von den Versicherungsunternehmen vor allem bei Diebstahl und Beraubung vorgeworfen, grob fahrlässig gehandelt zu haben - sonst wäre der Schaden ja nicht passiert. So sollte sich jeder Urlauber rechtzeitig überlegen, ob er nicht besser alle wertvollen Sachen zu Hause lässt. Und keine Reisegepäckversicherung abschließt.
Soforthilfeversicherung
Ebenfalls für übertrieben halten Experten eine sogenannte Soforthilfeversicherung, die bei einem Unfall vor allem mit Rat einspringt und als Tat einen Anwalt auf Kreta vermittelt.
Was ist als Schutz nötig?
In Deutschlands Reisebüros ist es üblich geworden, ein (kostspieliges) Komplettpaket anzubieten, und zwar von Reiserücktritt- bis zur Soforthilfeversicherung. Ein solches Komplettpaket preisen selbst Billiganbieter im Internet an.
Doch fragen Sie sich am besten selbst, was Sie wirklich an Schutz benötigen! Oft ist ein Komplettpaket einfach übertrieben. Schließen Sie darum Reisepolicen nur für diejenigen Fälle ab, die sie im Notfall finanziell wirklich hart treffen würden. Hermannus Pfeiffer
Im Teil 2 nächste Woche geht es um die Versicherung des Mietautos und die Reisekrankenversicherung für Senioren.
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