Heiße Tage, tropische Nächte
Amtliche Hitzewarnung für den größten Teil Deutschlands
Offenbach. Hoch »Annelie« treibt die Temperaturen in Deutschland Richtung 40 Grad. Die Sonne brennt bis zu 17 Stunden vom wolkenlosen Himmel, es wird jeden Tag ein bisschen heißer. Nach Erwartungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ist am Sonnabend der Höhepunkt erreicht: Dann klettern die Temperaturen auf 32 Grad im Nordosten und 39 Grad an Rhein, Mosel und Saar. »An einzelnen Stationen im äußersten Südwesten werden womöglich auch mal die 40 Grad geknackt«, sagte Meteorologe Sebastian Schappert am Mittwoch. Für den größten Teil Deutschlands galt eine amtliche Hitzewarnung. Ob der deutsche Hitzerekord von 40,2 Grad, gemessen in den Jahren 2003 und 1983, eingestellt wird, sei noch nicht sicher. »Es wird aber knapp«, sagte Schappert.
Die heiße Luft kommt aus der Sahara. Hoch »Annelie« leitet sie über Frankreich nach Deutschland und lässt die Temperaturen jeden Tag ein wenig höher steigen. Auch nachts sinken sie mancherorts nicht unter 20 Grad, die Meteorologen sprechen von Tropennächten. Gleichzeitig wird es immer schwüler, am Donnerstagabend könnte es erste Gewitter geben. Nach dem Höhepunkt der Hitze am Sonnabend wird es nicht mehr ganz so warm, aber der Sommer bleibt bis weit in die nächste Woche. Zu Wochenanfang seien im Norden und Westen 25 bis 27 Grad zu erwarten, im Süden werde es bis Wochenmitte Werte um 30 Grad geben, so Schappert.
Hitzegeplagten in Bayern bietet sich neben dem Sprung ins kühle Nass auch ein Ausflug auf die Zugspitze an. Auf Deutschlands höchstem Berg wurden am Mittwochmittag kühle elf Grad gemessen, wie Dirk Petzner von der Gipfelstation des Deutschen Wetterdienstes berichtete. Für die Zugspitze sei das allerdings eine hohe Temperatur: »Hier oben wird es selbst im Hochsommer selten wärmer als 14 bis 15 Grad«, sagt Petzner. Die Nächte sind derzeit auf der Zugspitze frostfrei; die Tiefsttemperatur lag in der Nacht zum Mittwoch bei 6,6 Grad.
Zu verdanken hat das Hoch seinen Namen einer 90 Jahre alten Dame aus Konstanz am Bodensee. »Das war ein Geburtstagsgeschenk von meinen drei Kindern«, sagt Annelie Dehnert-Hilscher. Die Freie Universität (FU) Berlin vergibt die Patenschaften: 299 Euro kostet ein Hoch, 199 Euro ein Tief. In diesem Jahr tragen die Hochdruckgebiete in Europa weibliche Namen, die Tiefs männliche. Getauft wurde »Annelie« am 28. Juni. Der Namensgeberin macht die Hitze trotz ihres hohen Alters nichts aus: »Ich bin da nicht so empfindlich.« Wie sie die Wärme nutzt, weiß sie auch schon: »Ich wohne ganz nah am See und gehe schwimmen.«
Die Wetterexperten von der FU können einem Hoch übrigens gar nicht so viel abgewinnen: »Jeder Meteorologe würde sich ärgern, wenn er ein Hoch bekäme«, sagt Thomas Dümmel vom Institut für Meteorologie. Ein Tief sei viel spannender: »Da ist Dynamik, da ist Leben, da passiert was.«
Auch Frankreich stöhnt unter Rekordtemperaturen. Während für Mittwoch neue Spitzenwerte erwartet wurden, stieg das Thermometer an der südwestfranzösischen Atlantikküste bereits am Dienstag auf mehr als 40 Grad Celsius, für einen Juni ein Höchstwert. Rekorde verzeichneten auch die Städte Nantes mit 37 Grad und Limoges mit 38 Grad. In der Hauptstadt Paris stieg am Mittwoch das Thermometer auf 39 Grad. Die Hitze führte in der Nacht zu Mittwoch auch zu massiven Stromausfällen im Westen Frankreichs, wie der Stromnetzbetreiber RTE mitteilte. Zwischenzeitlich waren rund eine Million Haushalte ohne Strom.
In 40 französischen Départements herrschte die zweithöchste Wetter-alarmstufe Orange. Lehrer wurden aufgefordert darauf zu achten, dass ihre Schüler ausreichend trinken, gewarnt wurde zudem vor körperlicher Belastung im Freien.
Bei einer Hitzewelle im Jahr 2003 waren in Frankreich 19 000 Menschen ums Leben gekommen. Gesundheitsministerin Marisol Touraine sagte aber am Dienstag, es gebe nun »keine besonderen Befürchtungen«. Die Hitze dürfte bis zum Ende der Woche anhalten. Agenturen/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.