Nordkorea boykottiert Universiade im Süden
Wegen politischer Spannungen sagt Pjöngjang kurzfristig die Teilnahme seiner Studentensportler in Gwangju ab
Fabian Hambüchen will bei den an diesem Freitag beginnenden Welt-Studentensportspielen 2015 »noch mal Vollgas geben«. »Auf geht’s zur Universiade nach Gwangju«, twitterte der Turnstar aus Wetzlar vor seiner Abreise nach Südkorea. Der Weltmeister von 2007 hatte noch im vergangenen Monat bei den Europaspielen in Baku unter anderem mit Gold am Reck geglänzt. Mit 27 liegt er deutlich über dem Durchschnittsalter der deutschen Mannschaft von knapp 23 Jahren.
Rund 120 Sportler und Sportlerinnen hat der Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband (adh) für die Spiele in Gwangju vom 3. bis zum 14. Juli gemeldet. »Sie sollen über die Universiade Erfahrung sammeln und Motivation für zukünftige Zielwettkämpfe wie Weltmeisterschaften und Olympische Spiele schöpfen«, gibt Sportdirektor Thorsten Hütsch als Ziel für die Spiele aus.
Dass die Organisatoren im südlichen Gwangju schon vor dem Start große Probleme plagten, soll die Spiele nicht beeinträchtigen. So sagte Nordkorea, dessen Mannschaft eigentlich Publikumsmagnet sein sollte, seine Teilnahme ab. Auch der Ausbruch der Atemwegserkrankung MERS in Südkorea im Mai hatte das Organisationskomitee (OK) beunruhigt. Mittlerweile legte sich die Unsicherheit, nur Macau sagte laut OK wegen der Krankheit ab.
Das Interesse in der Bevölkerung war bislang eher verhalten. OK-Sprecherin Lee Jiyoung ist sich jedoch sicher, dass viele Sportfans ihren Blick auf die Spiele richten werden, so bald es los geht. »Auch wenn sie nicht die Anerkennung wie Olympia hat, ist die Sommer-Universiade das einzige Mega-Sport-Event in diesem Jahr«, meint Lee.
Südkorea hat sich in den vergangenen Jahren im großen Stil um wichtige Sportveranstaltungen beworben. So soll die Universiade als Nebeneffekt auch Werbung für die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang sein. Rund 200 Vertreter aus Pyeongchang würden nach Gwangju kommen, »um zu lernen«, sagt Lee. Die Studenten-Sportspiele sollen die größten überhaupt werden. Bis zum 1. Juli waren mehr als 13 000 Athleten und Betreuer aus 149 Ländern gemeldet. Für die Studierenden sind 272 Goldmedaillen in 21 Sportarten zu holen.
Neben einem großen kulturellen Rahmenprogramm wollen die Südkoreaner auch mit dem Spielekonzept glänzen. Das OK erklärte stolz, dass nur 4 von 69 Wettkampfstätten in Gwangju und Umgebung mit dem bestehenden Budget neu gebaut werden mussten. Dazu gehören auch ein neues Schwimmsportzentrum und eine Turnhalle. 200 Milliarden Won (etwa 160,6 Millionen Euro) seien eingespart worden, weil der Bau neuer Sportstätten minimal gewesen sei, heißt es.
Doch mussten die Organisatoren mit der Absage Nordkoreas schon vor dem Start eine Kröte schlucken. Die Organisatoren hatten von Beginn an mit der Einladung Nordkoreas kräftig Werbung für die Großveranstaltung gemacht. Die Regierung in Pjöngjang begründete die kurzfristige Absage mit der Öffnung eines UN-Außenbüros in Seoul zu Untersuchung der Menschenrechtslage im nördlichen Teil der Halbinsel. Einige Beobachter spekulieren wiederum, dass MERS der ausschlaggebende Grund gewesen sein könnte.
Bis zur letzten Minute wolle man warten, ob Nordkoreas Delegation vielleicht doch noch komme, sagte der Bürgermeister von Gwangju und Co-Vorsitzende des OK, Yoon Jang Hyun. Doch angesichts der derzeitigen politischen Spannungen ist das eine eher schwache Hoffnung. Südkoreas Armeechef Choi Yun Hee warnte seinerseits bei einem Besuch in Gwangju sogar, Provokationen des Nachbarn während der Spiele könnten nicht ausgeschlossen werden. dpa/nd
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