David besiegt Goliath

Prokon-Gläubiger stimmen für Genossenschaftsmodell

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Aktieneigner entschieden sich am Donnerstag dafür, den insolventen Windkraftanbieter Prokon in eine Genossenschaft umzuwandeln. EnBW scheiterte mit einem Übernahmeangebot.

Die Gläubiger der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH haben sich am Donnerstag für die Fortführung von Prokon als Genossenschaft ausgesprochen. Auf der Gläubigerversammlung in den Hamburger Messehallen hatten sie die Wahl zwischen zwei verschiedenen Plänen. Entweder Prokon würde an den landeseigenen Energiekonzern EnBW aus Karlsruhe verkauft, oder die Anleger selbst übernähmen Prokon und führten das Unternehmen als Genossenschaft fort. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat die Möglichkeiten in einem 272 Seiten starken Schreiben an die Anleger zusammengefasst.

Beide Modelle wurden von einflussreichen Interessengruppen vertreten. Sie kämpften seit Wochen medienwirksam um Anleger. Auf der einen Seite EnBW mit dem Budget eines staatlichen Großkonzerns. Auf der anderen Seite der Verein »Die Freunde von Prokon« mit seinen nach eigenen Angaben mehr als 10 000 Mitgliedern.

Der jetzt eingeschlagene Weg ist nicht risikolos. Durch die Umwandlung in eine Genossenschaft liegt die prognostizierte Insolvenzquote zwar etwas höher als bei dem EnBW-Angebot, nach einer aktuellen Schätzung bei 57,8 Prozent. Allerdings bekommen Anleger in der Genossenschaft vorerst keine Barauszahlung. Sie müssen einen Großteil ihres Geldes zunächst in der Firma als Anleihe belassen. Diese läuft 15 Jahre lang und ist mit 3,5 Prozent verzinst. Einen kleineren Teil ihres Geldes können sie in Genossenschaftsanteile umwandeln. Wie viel Geld sie am Ende wirklich bekommen, hängt von der Entwicklung des Unternehmens Prokon ab. Als »Genossen« werden sie unternehmerisch tätig. Weitere Verluste drohen. Möglicherweise müssen mehrere der 54 Windparks verkauft werden.

In ersten Stellungnahmen - die Gläubigerversammlung war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet - lobten Teilnehmer der nichtöffentlichen Versammlung das Mehrheitsvotum der rund 100 000 Gläubiger als Entscheidung für eine »bürgernahe« und »dezentrale« Energieversorgung. Thomas Jorberg, Vorstandssprecher der GLS Bank, die sich wie andere alternative Unternehmen für ein Genossenschaftsmodell stark gemacht hatte: »Das ist eine gute Nachricht für die Energiewende.« Deutschlandweit arbeiten inzwischen etwa 1000 Energiegenossenschaften.

»Großen Respekt« für die Verbundenheit der Prokon-Anleger äußerte EnBW-Vorstandsvorsitzender Frank Mastiaux. Man werde sich nun, »wie ursprünglich geplant«, auf ein »organisches Wachstum« konzentrieren. Allein für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien an Land und auf See hat EnBW in den kommenden Jahren 3,5 Milliarden Euro vorgesehen. Weitere drei Milliarden Euro sollen in den Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze fließen. Erneuerbare Energien und Netzgeschäft sollen im Jahr 2020 mit nahezu 90 Prozent zum Unternehmensgewinn beitragen.

Neben den 75 000 Anlegern, die über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro in Prokon angelegt hatten, konnten auch Banken, Lieferanten und Stromkunden ihr Votum abgeben. EnBW hatte 550 Millionen Euro für eine Übernahme geboten. Über das Windkraftunternehmen aus Itzehoe (Schleswig-Holstein) war 2014 wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren eröffnet worden.

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